Praktika helfen Jugendlichen bei der Berufsorientierung und bieten Zahnarztpraxen die Chance, ihre Azubis von morgen zu gewinnen. Jedoch gibt es bei der Durchführung von Praktika Einiges zu beachten.
Deshalb ist es wichtig, die Praktikanten bereits im Vorfeld umfassend über mögliche Unfallgefahren und Verletzungs- und Infektionsrisiken während der Anwesenheit in der Praxis zu informieren und zu einem gefahrenbewussten Verhalten anzuhalten. Diese Hinweise sollten schriftlich erfolgen und mit der Unterschrift sowohl des Praktikanten als auch des/der Erziehungsberechtigten (des minderjährigen Praktikanten) archiviert werden. Prinzipiell gilt, dass der Praktikant stets vom Praxisinhaber und seinen Mitarbeitern beaufsichtigt werden muss.
Ein Schülerpraktikum ist kein Arbeits- oder ein Ausbildungsverhältnis. Die Praktikanten behalten ihren jeweiligen Schülerstatus. Dennoch müssen die Vorgaben des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) und die dort verankerten Grundsätze zum Schutz der Schüler entsprechend umgesetzt werden. Gemäß den Vorgaben des § 2 JArbSchG werden Kinder als Minderjährige unter 15 Jahren und Jugendliche als Minderjährige ab 15 bis 18 Jahren definiert.
Kinder dürfen gemäß § 5 JArbSchG grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Ausnahmen gelten aber für den Fall eines verpflichtenden Schülerpraktikums sowie im Falle eines freiwilligen Praktikums von Kindern über 13 Jahren mit der schriftlichen Einwilligung des/der Erziehungsberechtigten. Kinder dürfen maximal sieben Stunden täglich und nicht mehr als 35 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Jugendliche dürfen maximal acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden pro Woche beschäftigt werden.
Zudem müssen die Ruhepausen bei einer Arbeitszeit von mehr als 4,5 bis zu sechs Stunden mindestens 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden 60 Minuten betragen. Die Ruhepausenvorgaben gelten für Kinder und Jugendliche gleichermaßen. Sofern eine krankheitsbedingte Abwesenheit des Praktikanten gegeben ist, ist dies der Praxis unverzüglich mitzuteilen.
Das Jugendarbeitsschutzgesetz verbietet eine Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen mit Arbeiten, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind. Für Praktika in der Zahnarztpraxis bedeutet das, dass eine aktive Mitarbeit der Praktikanten im Bereich der Stuhlassistenz und der Instrumentenaufbereitung verboten ist.
Gleiches gilt im Kontext des Strahlenschutzes für den Bereich des Röntgens. Im Bereich der Stuhlassistenz und der Instrumentenaufbereitung ist lediglich das Zusehen mit ausreichendem Abstand zum Arbeitsplatz möglich. Hierbei muss den Praktikanten dieselbe Ausstattung an persönlicher Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden wie den Mitarbeitenden. Die aktive Mitarbeit beschränkt sich daher auf die administrativen Tätigkeiten am Empfang und in der allgemeinen Praxisverwaltung.
Da ein Infektionsrisiko trotz des zuvor Erwähnten – gerade in Anbetracht der üblichen Hektik eines Praxisalltages − de facto nie zu 100 Prozent ausgeschlossen werden kann (z. B. heruntergefallene benutzte Instrumente, versehentlich falsch entsorgte Spritzen im Abfall etc.), sollten der Praktikant und dessen Erziehungsberechtigte im Vorfeld des Praktikums dennoch auf einen ausreichenden Impfschutz hingewiesen werden (unverbindliche Empfehlung: Hepatitis B und gerade in einer Praxis mit Schwerpunkt Kinderbehandlung zudem Masern, Mumps und Röteln).
Der Praktikant beziehungsweise die Erziehungsberechtigten sollten insofern rechtzeitig vor Beginn der Praktikumszeit Rücksprache mit dem eigenen Hausarzt halten und dem Praxisbetreiber einen entsprechenden Nachweis (Impfpass) vorlegen. Der Praxisbetreiber kann zudem diesbezüglich auch noch Informationen bei dem für seine Praxis beauftragten Betriebsarzt erfragen. Kosten für die Impfungen muss der Praxisbetreiber hingegen (anders als bei seinen Mitarbeitern) nicht übernehmen.
Die Einweisung in eine ordnungsgemäße Händehygiene (zu Beginn jedes Praktikumstages und nach Rückkehr aus einer Pausenzeit außerhalb der Praxis sowie regelmäßig nach dem Toilettengang) sollte ebenfalls erfolgen.
Da der Praktikant seinen Schülerstatus beibehält, ist er auch während der Dauer eines Schülerpraktikums über den jeweiligen Träger der Schülerunfallversicherung versichert (Wegeunfälle und Unfälle, die während der Anwesenheit im Praxisbetrieb passieren). Rechtlich anders gelagert ist der Fall in der Regel dann, wenn der Minderjährige das Praktikum in den Ferienzeit freiwillig ableistet. In diesem Fall sollte sich der Praxisbetreiber zuvor bei der für Zahnarztpraxen zuständigen Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) erkundigen.
Praktikanten unterfallen – infolge ihrer fehlenden Mitarbeitereigenschaft − nicht dem eigentlichen Begriff der „berufsmäßig tätigen Gehilfen“ im Sinne des § 203 Strafgesetzbuch (StGB). Eine Strafbarkeit im Falle der unerlaubten Weitergabe von der Schweigepflicht unterliegenden Daten und Sachverhalte ist insofern rechtlich umstritten. Dennoch sollten der Praktikant und im Falle der Minderjährigkeit auch dessen Erziehungsberechtigte im Vorfeld über die für die Praxismitarbeiter bestehende Schweigepflicht ausdrücklich aufgeklärt werden.
Auch hierzu sollte eine entsprechende schriftliche Information seitens des Praxisinhabers erfolgen, welche vom Praktikanten und gegebenenfalls den Erziehungsberechtigten unterschrieben werden sollte. Hierin aufgenommen werden sollte der ausdrückliche Hinweis, dass sich die Verschwiegenheit auch auf die Weitergabe in den modernen Kommunikationswegen wie Facebook & Co. bezieht. In diesem Zusammenhang ist auch weiterhin – gerade und insbesondere im Hinblick auf die immer größer werdende Bedeutung der sozialen Netzwerke – die Sensibilisierung der Praktikantin/des Praktikanten für und die Aufklärung zum Patienten- und auch Mitarbeiterdatenschutz zu betonen. Vor allem das Einstellen von Fotos in Netzwerke ohne die vorherige Zustimmung der sich auf den Bildern befindenden Personen, kann zu Datenschutzproblemen und Streitereien führen.
Gemäß den Vorgaben des sogenannten Nachweisgesetzes sind Arbeitgeber, die eine Person mehr als einen Monat als Praktikantin oder Praktikanten in den Betrieb einbinden möchten, verpflichtet, vor Antritt des Praktikums mit der Praktikantin/dem Praktikanten eine schriftliche Vereinbarung über das Praktikum zu treffen. In dieser Vereinbarung sind vor Aufnahme der Tätigkeit die in § 2 Abs.1 a des Nachweisgesetzes geregelten Punkte verbindlich aufzunehmen:
Die Vereinbarung muss vom Praxisinhaber/von der Praxisinhaberin und der Praktikantin/dem Praktikanten unterschrieben werden.
Sofern die Praktikantin/der Praktikant bereits das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist die Praxisinhaberin/der Praxisinhaber gemäß § 22 Abs. 1 Mindestlohngesetz zur Zahlung des aktuell geltenden Mindestlohns verpflichtet (Stand 2023: 12 Euro/Stunde). Ob und gegebenfalls in welcher Höhe auch sozialversicherungspflichtige Leistungen (Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) anfallen, sollte im Einzelfall vor Beginn des Praktikums bei der Steuerberatung erfragt werden.
Sofern die Praktikantin/der Praktikant das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, entfällt gemäß §§ 22 Abs.2 Mindestlohngesetz i.V.m § 2 Jugendarbeitsschutzgesetz die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns. Eine freiwillige Vergütung ist selbstverständlich dennoch möglich. Zudem sind bei noch minderjährigen Praktikantinnen/Praktikanten – genau wie beim Schulpraktikum – die Vorgaben der §§ 8 (Dauer der Arbeitszeit) und 22 (gefährliche Arbeiten) des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu beachten.
In jedem Fall sollte sich die Praxisinhaberin/der Praxisinhaber zudem (in beiden Fällen: minderjährig und bereits volljährig) vor Beginn des Praktikums bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zum Versicherungsschutz der Praktikantin/des Praktikanten (Wege- und Betriebsunfall) erkundigen.
Ein Impfnachweis (Hepatitis B) des Praktikanten in Form der freiwilligen Vorlage des Impfbuchs ist ebenfalls dringend zu empfehlen. Die Einweisung in die Vorgaben zur Praxishygiene darf ebenfalls nicht vergessen werden.
Insbesondere zu Beginn einer Ausbildung läuft nicht immer alles wie erwartet. Mit Geduld und einem klärenden Gespräch lässt sich jedoch häufig ein Abbruch vermeiden.
Stehen Abmahnung oder Kündigungen im Raum, kann der Güteausschuss der Zahnärztekammer Nordrhein eingeschaltet werden.
Schon wieder nicht aufgepasst! Wer haftet, wenn der/die Auszubildende in der Praxis etwas beschädigt? Diese Frage taucht sicherlich in jeder Praxis auf, die ausbildet, denn selbst ausgelernte Mitarbeiter sind nicht unfehlbar.
Ausbilden bedeutet nicht nur, jemanden für sich arbeiten zu lassen, sondern auch die Verantwortung für die persönliche und berufliche Entwicklung seines Azubis zu tragen.
Praktika helfen Jugendlichen bei der Berufsorientierung und bieten Zahnarztpraxen die Chance, ihre Azubis von morgen zu gewinnen. Jedoch gibt es bei der Durchführung von Praktika Einiges zu beachten.