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Urteil des Bundesgerichtshofs: GOÄ und GOZ – verbindliches Preisrecht auch für juristische Personen

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil entschieden, dass die Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte auch für juristische Personen – und somit auch für MVZ – gilt.


Urteil des Bundesgerichtshofs: GOÄ und GOZ als verbindliches Preisrecht auch für juristische Personen

Zudem: Ausübung der Zahnheilkunde durch juristische Personen (insbesondere gewerbliche Aligner-Anbieter)

Mitgliederinformation vom 03.06.2024

 

I. Die Entscheidung des BGH zur Gebührenordnung für Ärzte

Der Bundesgerichthof (BGH) hat mit Urteil vom 04.04.2024 (Aktenzeichen III ZR 38/23) entschieden, dass die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) für alle ambulanten beruflichen Leistungen von Ärzten gilt und somit auch für juristische Personen Anwendung findet. Somit müssen auch Krankenhausträger – soweit sie ambulante Leistungen erbringen – und insbesondere auch MVZ-Träger in Rechtsformen von juristischen Personen die Vorgaben der GOÄ beachten. Auch wenn die Entscheidung des BGH zur GOÄ ergangen ist, so gilt Gleiches für die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ).

In seinem Leitsatz stellt der BGH daher klar:

„Der in § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beschriebene Anwendungsbereich der GOÄ setzt nicht voraus, dass Vertragspartner des Patienten ein Arzt ist, sondern dass die Vergütung für die beruflichen Leistungen eines Arztes geltend gemacht wird. Die GOÄ findet deshalb auch dann Anwendung, wenn der Behandlungsvertrag mit einer juristischen Person, zum Beispiel einem Krankenhausträger, abgeschlossen wird und ambulante Leistungen durch Ärzte erbracht werden, die lediglich im Rahmen eines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses in der Erfüllung ihrer eigenen Dienstaufgaben tätig werden und selbst mit dem Patienten keine Vertragsbeziehung eingehen.“

Der Anwendungsbereich der GOÄ und GOZ war bisher in der obergerichtlichen Rechtsprechung und juristischen Literatur umstritten, so dass die höchstrichterliche Klärung zu begrüßen ist. Zudem ist der Inhalt der Entscheidung uneingeschränkt zu befürworten und entspricht der bisher auch von der Zahnärztekammer Nordrhein vertretenen Rechtsauffassung.

Bereits nach dem weit gefassten Wortlaut von § 1 Abs. 1 GOÄ und § 1 Abs. 1 GOZ gelten die Verordnungen für alle „beruflichen Leistungen der Ärzte bzw. der Zahnärzte“, ohne dass eine Differenzierung danach erfolgt, ob der Arzt bzw. Zahnarzt unmittelbar oder ein Dritter (juristische Person) Vertragspartner des Patienten geworden ist.

Zudem kann das gesetzgeberische Ziel eines verbindlichen Preisrechts nur dann erreicht werden, wenn dieses unabhängig davon gilt, mit wem der Patient den Behandlungsvertrag geschlossen hat. Sinn und Zweck der Gebührenordnungen besteht darin, einen angemessenen Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen von Patienten und Ärzten herbeizuführen. Auch dienen zahlreiche Informations- und Formvorschriften unmittelbar dem Schutz des Patienten.

Nur mit einem weiten Anwendungsbereich der Gebührenordnungen kann sichergestellt werden, dass dieser Schutzzweck auch bei der Erbringung ambulanter ärztlicher und zahnärztlicher Leistungen durch juristische Personen nicht unterlaufen werden kann.

 

II. Ausübung der Zahnheilkunde durch juristische Personen

Die Erbringung zahnärztlicher Leistungen durch juristische Personen ist rechtlich nur in engen Grenzen möglich.

Die zulässigen Formen der zahnärztlichen Berufsausübung sind in § 29 Heilberufsgesetz NRW (Heil-BerG) festgelegt: Außerhalb der Tätigkeit in Krankenhäusern oder Privatkrankenanstalten gilt der Grundsatz der Niederlassung, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen etwas anderes zulassen oder eine weisungsgebundene zahnärztliche Tätigkeit in der Praxis niedergelassener Zahnärztinnen und -ärzte ausgeübt wird. Ausgenommen sind Tätigkeiten bei Trägern, die nicht gewerbs- oder berufsmäßig zahnärztliche Leistungen anbieten oder erbringen.

Insbesondere das Sozialgesetzbuch V erlaubt in Abweichung zu § 29 HeilBerG für den Bereich der GKV die zahnärztliche Tätigkeit in einem Medizinischen Versorgungszentrum, welches wiederum in gewerblicher Trägerschaft sein kann; es gelten insoweit die Vorgaben des SGB V.

Sofern eine Praxis niedergelassener Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts betrieben werden soll, ist dies nur unter Einhaltung der Vorgaben des § 29 Absatz 3 HeilBerG möglich:

„Die gemeinsame Führung einer Praxis ist nur zulässig, wenn die Beteiligten die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen, psychotherapeutischen oder zahnärztlichen Berufs besitzen. Die Führung einer Einzelpraxis oder einer Praxis in Gemeinschaft in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts setzt voraus, dass

  1. deren ausschließlicher Gegenstand die Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde, Psychotherapie ist,
  2. die Gesellschafter den Beruf persönlich und frei von Weisungen ausüben,
  3. über Fragen der Berufsausübung ausschließlich die entsprechend berechtigten Berufsangehörigen entscheiden,
  4. eine Kapitalbeteiligung von Gesellschaftern ohne aktive Tätigkeit in der Gesellschaft ausgeschlossen ist,
  5. Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt werden,
  6. eine eigenständige und ausreichende Berufshaftpflichtversicherung für die juristische Person und die in der Gesellschaft tätigen Berufsangehörigen besteht und
  7. gewährleistet ist, dass die heilberufliche Tätigkeit von den Berufsangehörigen eigenverantwortlich, unabhängig und nicht gewerblich ausgeübt wird.“

Auf Betreiben der Zahnärztekammer Nordrhein und aller anderen Heilberufskammern in NRW wurden zum 09.02.2024 diese Vorgaben der Führung einer Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person ausdrücklich in § 29 Absatz 3 HeilBerG normiert und in § 29 Absatz 2 HeilBerG klargestellt, dass die Ausübung patientenbezogener zahnärztlicher Tätigkeit in gewerblicher Form unzulässig ist.

Vor dem Hintergrund der genannten gesetzlichen Vorgaben ist es aktuell in Nordrhein nicht möglich, dass juristische Personen, die weder Träger eines Krankenhauses oder einer Privatkrankenanstalt sind noch auf der Grundlage des SGB V zugelassen wurden, zahnärztliche Leistungen durch angestellte Zahnärzte erbringen lassen. Eine solche zahnärztliche Berufsausübung in einem Anstellungsverhältnis für einen gewerblichen Träger ist für Zahnärztinnen und Zahnärzte in Nordrhein berufsrechtlich unzulässig. Als aktuelles Beispiel lassen sich hier die Anstellungsverträge von Zahnärzten bei gewerblichen Aligner-Anbietern nennen.

Das Angebot zahnärztlicher Leistungen durch solche gewerblichen Anbieter außerhalb der in der GKV zulässigen Formen ist daher aus Rechtsgründen nicht möglich: angestellte Zahnärzte dürfen nicht für eine gewerbliche GmbH tätig sein und Kooperationszahnärzte verstoßen aus anderen Gründen gegen das Berufsrecht und dürfen dementsprechend auch nicht kooperieren (vgl. Mitgliederinformation vom 02.07.2021).

Ungeachtet dessen steht durch die Entscheidung des BGH nun fest, dass sich auch diese gewerblichen Anbieter vollumfänglich an die Vorgaben der GOZ halten müssen. Nach den der Zahnärztekammer Nordrhein bekannten Patientenfällen werden zwar mittlerweile die Rechnungen auf der Grundlage der GOZ erstellt, aber die Leistungen nicht bzw. nicht vollständig durch approbierte Zahnärztinnen oder Zahnärzte erbracht. Auch werden weitere Vorgaben der GOZ z.B. zur individuellen Bemessung der Gebühren nicht berücksichtigt. Auch das Angebot von Rabatten, das stetiger Bestandteil der Aligner-Werbung von Gewerbetreibenden ist, ist nach der GOZ nicht vorgesehen und dürfte damit unzulässig sein.

Autorin: Dr. Kathrin Thumer

Kontakt

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