In der Kammerversammlung im November 2022 hatten die Delegierten einen fraktionsübergreifenden Antrag zum Schutz der Patienten vor berufsfremden Anbietern von Bleachings verabschiedet. Ein Thema, das trotz klarer Rechtsvorgaben noch immer brisant ist, wie Kammerpräsident Dr. Ralf Hausweiler, Vizepräsident Dr. Thomas Heil sowie Dr. Andrea Servos, Kammerdelegierte und Mitinitiatorin des gemeinsamen Antrags, in unserem Interview berichten.
Herr Dr. Hausweiler, dürfen Berufsfremde überhaupt zahnärztliche Leistungen wie Bleachings anbieten?
Dr. Ralf Hausweiler Die rechtliche Lage ist eindeutig. Die Bundeszahnärztekammer hat klargestellt, dass Bleaching eine ausschließlich dem Zahnarzt vorbehaltene zahnärztliche Tätigkeit ist und entsprechend nicht von Kosmetikern oder zahnmedizinischem Personal durchgeführt werden darf. Diese Rechtsaufassung wurde auch vom Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt. In einem Urteil von 2012 heißt es, dass Bleaching der Aufhellung von Zähnen und damit er Beseitigung von Verfärbungen diene. Diese seien „als abweichende Erscheinungen im Bereich der Zähne“ und somit als Krankheit anzusehen. Daher dürfen diese Behandlungen ausschließlich von approbierten Zahnärztinnen und Zahnärzten durchgeführt werden.
Mit welchen Substanzen wird in den Bleachingstudios gearbeitet?
Dr. Hausweiler Frei verkäuflich und ohne Mitwirkung eines Zahnarztes dürfen nach einer EU-Verordnung nur Produkte angewandt werden, die maximal 0,1 Prozent Wasserstoffperoxid enthalten oder freisetzen. Darunter fallen auch Zahnbleichmittel auf der Basis von Wasserstoffperoxid und von Wasserstoffperoxid freisetzenden Verbindungen wie Carbamidperoxid und Zinkperoxid. Entsprechend sind die Behandlungen in den Studios nahezu wirkungslos – es sei denn, es wird illegal mit stärkeren Substanzen gearbeitet.
Herr Dr. Heil, welche Gefahren bestehen für die Kunden der Bleachingstudios?
Dr. Thomas Heil Im besten Fall ist das Bleaching wirkungslos, was für die Kunden trotzdem ärgerlich ist, da sie viel Geld investieren, ohne das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Im schlimmsten Fall, wenn illegal mit ausschließlich für Zahnärzte vorbehaltenen Substanzen gearbeitet wird, drohen den Kunden gesundheitliche Schäden. Seien es Verätzungen an den Schleimhauten oder Schäden an den behandelten Zähnen. Denn ein Kosmetiker kann nicht erkennen, ob ein Zahn für ein Bleaching geeignet ist oder beispielsweise aufgrund von Karies nicht aufgehellt werden darf.
Wie geht die Kammer gegen die Anbieter vor?
Dr. Heil Da in den Studios keine Zahnärztinnen und Zahnärzte tätig sind, haben wir als Berufsaufsicht keine direkte Handhabe gegen die Studios, sondern wenden uns an die jeweilig zuständigen Ordnungsbehörden. Das machen wir dann, wenn wir den Verdacht haben, dass nicht zulässige Substanzen in den Studios eingesetzt werden, aber auch dann, wenn mit irreführenden Versprechen geworben wird. Dazu zählt zum Beispiel die Aussicht, auf eine Aufhellung von zehn Farbnuancen, was mit den frei handelbaren Mitteln nicht zu realisieren ist.
Frau Dr. Servos, was kann neben den rechtlichen Schritten noch gegen diese Anbieter getan werden?
Dr. Andrea Servos Da der Markt leider immer noch boomt, ist es wichtig, dass wir die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisieren. Das ist einerseits bereits mit unserem gemeinsamen Antrag auf berufspolitischer Ebene geschehen. Andererseits müssen wir aber auch unsere Patientinnen und Patienten mit ins Boot holen und deutlich machen: Ein Bleaching gehört ausschließlich in die Hände von Zahnärztinnen und Zahnärzte. Dafür haben wir kürzlich gemeinsam eine umfassende Patienteninformation auf die Webseite der Zahnärztekammer Nordrhein veröffentlicht.