Tipps zur Behandlung von älteren und pflegebedürftigen Patienten
Dr. Elmar Ludwig ist seit Jahrzehnten aktiv in der Seniorenzahnmedizin tätig. Aus seiner reichhaltigen praktischen Erfahrung hat er eine Reihe von Tipps verfasst, um Neueinsteigern den Weg zu erleichtern.
Grundsätzliches zur Behandlung (auch PZR) in der Praxis:
Bei Terminvergabe Leistungsbereitschaft und körperliche Einschränkungen (z. B. Harndrang) berücksichtigen.
Im Vorfeld Medikationsplan erfragen
Begleitung innerhalb der Praxis und individuelle Lagerung (Kissen usw.)
Positive und unterstützende Kommunikation: lächeln, auf Augenhöhe begegnen, häufig loben
Klare und einfache Kommunikation: eher kurze Sätze, immer wieder mit Namen ansprechen, sanfter Körperkontakt
Lippen mit fetthaltigem Balsam eincremen
Brille auf der Nase und Hörgerät im Ohr belassen (höhere Leistungsbereitschaft)
Aufrechte Kopf-Körper-Haltung und bewusst Gelegenheit zum Schlucken und zum Nachschlucken (!) geben – um Aspirationsgefahr zu minimieren
Bei offensichtlichen Schluckproblemen: Hausarzt / Logopädie hinzuziehen
Arbeitsschritte verbal begleiten: kurz erklären, was man gerade macht, um Patienten noch mehr Sicherheit zu geben
Kurze Behandlungs-Pausen immer wieder zulassen bzw. bewusst geben (aufrechte Lagerung, Mund schließen, Toilettengang anbieten)
Bei verzögerter Reaktion auf Ansprache abwarten und Anleitungen besser in Einzelschritten, statt: „Spülen Sie bitte aus!“. Besser: „Nehmen Sie bitte den Becher. Nehmen Sie bitte einen Schluck Wasser in den Mund“ usw.
GKV-Patienten mit Pflegegrad (1-5):
Im Vorfeld: Pflegebescheid, Betreuungsurkunde bzw. Vollmacht
Mundgesundheitsstatus erfassen, daraus individuellen Mundgesundheitsplan erstellen und besprechen; praktische Anleitung & Demonstration (Mundgesundheitsaufklärung) zweimal pro Jahr möglich (PBa/b: BEMA 174a/b)
Zahnsteinentfernung zweimal pro Jahr möglich (PBZst: BEMA 107a)
Wenn indiziert: PAR-Behandlung (ggfs. verkürzte Behandlungstrecke §22a)
Unterstützungsbedarf zu Hause im Blick: Handling Pflegemittel und Prothesen zeigen
Recall, wenn möglich häufiger
PZR: ggfs. verkürzen, eher weniger Hilfsmittel und gemeinsam üben
Hausbesuche für Kontrollen bzw. für einfache Maßnahmen anbieten
Bei Menschen mit Demenz: Gegenstände (Handtasche, Stofftier) und Personen, die Sicherheit geben, erfragen
Validation: erlebte Gefühle wertschätzen und spiegeln (z. B. mit Sprichwörtern), biografische Aspekte einbeziehen (Hobbys, Beruf, Familie)
Tipps für die häusliche Mundpflege
Zahnpasta mit Fluorid; sie muss Patienten/in schmecken
Zahnpasta länger einwirken lassen (Ca-Fluorid-Schutzschicht!) und ggfs. nur ausspucken, nicht zwangsläufig ausspülen
Handzahnbürste mit Griffverstärkung, ggfs. elektrische Zahnbürste (ist aber nicht in allen Fällen die bessere Lösung – z. B. müssen Geräusche und Vibrationen toleriert werden, Kosten?)
Haftcreme auf Prothesen und Kiefern mit Kompressen (5×5 cm, achtlagig) entfernen
Zahnprothesen tief ins Waschbecken halten zur Reinigung mit Bürste und Zahnpasta
Zahnprothesen nicht mit Seife reinigen – Reinigungswirkung ist schlechter und wenn die Seife nicht vollständig abgespült wird, gelangt diese in den Mund
Zahnprothesen mit warmem Wasser und Reinigungstablette nur 10–15 Minuten, dann mit Wasser abspülen
Lagerung der Zahnprothesen über Nacht außerhalb vom Mund und trocken in Dose bei geöffnetem Deckel (tötet Keime besser ab)
Pflegemittel konsequent erneuern: Zahnbürsten alle vier Wochen oder bei deutlicher Abnutzung, Zahnzwischenraumbürsten jede Woche, Zahnprothesenbürsten alle drei Monate
Bei Unterstützungsbedarf
Ergonomie und Aspirationsgefahr im Blick halten: Techniken im Sitzen am Waschplatz, in Komfortsitzposition im Bett
Handschuhe (unsteril) nicht vergessen
Lippen immer zu Beginn mit fetthaltigem Balsam pflegen, bei trockenen, rissigen Lippen zusätzlich noch mal am Schluss, ggfs. zwischendurch am Tag
Zahnbürsten mit eher weichen Borsten verwenden
Keine Schaumstoffstäbchen zur Zahnreinigung (nicht effektiv, nicht nachhaltig, Kosten)!
Beim Zähneputzen ist das Ziel, möglichst unverkrampft zu arbeite, daher Technik und Systematik, wie man es bei sich selbst gewohnt ist und wie es der betroffene Mensch zulässt
Zahnzwischenraumbürsten: nach dem Zähneputzen, im Frontzahnbereich beginnen, im Seitenzahnbereich Mund weiter schließen und Mundwinkel mit Finger nach hinten ziehen – Bürsten wenig/nicht abknicken
Borken (verkrusteter Schleim) mit pflanzlichem Öl bzw. Tee befeuchten und lösen (nicht mit Butter: Gefahr Fettembolie)
Zum Lösen von Borken oder Auswischen der Mundhöhle (Speisereste, Zahnpastaschaum) Kompresse (5×5 cm, achtlagig) um den Finger oder die Zahnbürste wickeln und reinigen