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Wenn Patienten gefährlich werden

Eskalationen sind selten, trotzdem sollten Sie und Ihr Team auf Ausnahmesituationen vorbereitet sein.


Die schlechte Nachricht vorweg. Sie lassen sich nicht erkennen, es gibt keinen Merkmalkatalog, um sie frühzeitig zu identifizieren. Gemeint sind Patienten, die für Zahnärztinnen, Zahnärzte und Praxismitarbeitende zur Gefahr werden können; die Menschen bedrohen oder gar gewalttätig werden.

Denn meist fängt alles ganz harmlos an. „Irgendwann wird in einer Auseinandersetzung Kipppunkt erreicht, der in eine gefährliche Situation münden kann“, berichtet Dr. Martin Gunga, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Doch – das ist die zweite wichtige Botschaft – diese Situationen stellen eine Seltenheit dar. Dennoch ist es wichtig, dass jeder Mitarbeitende in der Praxis auf derartige Ausnahmesituationen vorbereitet ist.

 

Ruhig bleiben und den Standpunkt des Patienten ernst nehmen

Ein zentraler Aspekt im Konfliktfall ist, den besagten Kipppunkt rechtzeitig zu erkennen und am besten zu verhindern. „Alarmsignale sind eine Änderung des Tonfalls oder auch Drohungen wie ‚Sie werden schon sehen, was Sie davon haben‘“, berichtet Dr. Gunga. Auch nonverbale Signale können hier Aufschluss geben.

Doch wie entgegnet man einer derart aufgebrachten Person? Die Antwort ist simpel, aber eben nicht immer leicht umsetzbar: Deeskalation. Konkret bedeutet das, sich nicht provozieren zu lassen, nicht mit Gegenanschuldigen zu reagieren und ruhig und sachlich zu bleiben. Dr. Gunga verweist dabei auf die Smile-Methode: souverän, minimal, informiert, lösungsorientiert, einig/einverstanden.

Dr. Martin Gunga bei einem Vortrag bei der Zahnärztekammer Nordrhein

In der Praxis lässt sich das umsetzen, indem das Anliegen des Patienten ernst genommen und sein Standpunkt eingenommen wird. Dabei sollte man auch offen dafür sein, dass etwas nicht gut gelaufen ist, beispielsweise in der Kommunikation.

Gleichzeitig sollten Zahnmediziner auf ihr Fachwissen vertrauen, denn in medizinischen Fragen sind sie die Experten. „In den meisten Fällen lässt sich dadurch eine Eskalation vermeiden“, berichtet Dr. Gunga. Manchmal lässt sich der Kreislauf der ewig gleichen Vorwürfe dadurch aber nicht unterbrechen, der Patienten kommt immer wieder auf dieselbe Anschuldigung zurück. „Dann ist es wichtig, einen Punkt zu machen, und das Gespräch freundlich, aber bestimmt zu beenden.“

Dann, aber auch allgemein empfiehlt es sich, einen Termin zur Klärung ein bis zwei Tage später zu vereinbaren. Das bietet beiden Seiten die Möglichkeit, die ersten Emotionen zu verarbeiten und nüchterner auf den Konflikt zu schauen, was im Dialog hilft.

Ebenso wie der Umstand, dass das klärende Gespräch nicht zwischen Tür und Angel in der Hektik des Praxisalltags stattfindet. Gleichzeitig signalisiert das Terminangebot dem Patienten, dass sein Anliegen ernstgenommen wird. Dabei betont Dr. Gunga noch einmal den Wert so eines Gesprächs: „Ein dreiminütiges Gespräch kann Ihnen drei Monate Dauerärger ersparen.“

 

Im Gefahrenfall: Fluchtwege kennen, Codewörter vereinbaren

Doch auch wenn Ausnahmesituationen unwahrscheinlich sind, sollten Praxen darauf vorbereitet sein. Zumal verschiedene Erhebungen zeigen, dass Gewalt gegen medizinisches Personal zunimmt. Und bei einigen Menschen, zum Beispiel Personen mit einer dissozialen Persönlichkeitsstörung kann die Wirkung eines klärenden Gesprächs begrenzt sein.

„Für Notfälle ist es wichtig, dass Fluchtwege bekannt sind“, so Dr. Gunga. Fluchtwege können aus der Praxis hinaus, aber auch in einen sicheren Raum, der sich schnell verschließen lässt, führen. Zudem sollte ein Codewort vereinbart werden, dass anderen Mitarbeitenden signalisiert, dass Gefahr im Verzug ist und Hilfe benötigt wird.

Idealerweise handelt es sich hier um etwas scheinbar Alltägliches, das sich Außenstehenden nicht sofort als Warnsignal erschließt. Und sobald Gewalt angedroht wird, ist sofort die Polizei hinzuzuziehen.

In brenzligen Situationen sollte zudem eine weitere Person hinzugezogen werden, nicht zuletzt auch, um einen Zeugen zu haben. Darüber hinaus empfiehlt Dr. Gunga, bei abendlichen oder nächtlichen Einsätzen möglichst viel Licht in der Praxis einzusetzen und die Praxistür nur auf Klingeln hin zu öffnen, anstatt sie während der gesamten Dienstzeit offenstehen zu lassen.

Für den Fall einer konkreten Bedrohung ist es auch sinnvoll, einen Alarmknopf in der Praxis zu haben. Oder auch einen fiktiven Kollegen hinzuzurufen, um so die bedrohende Person zu überraschen und die dadurch gewonnene Zeit zur Flucht zu nutzen. „Auf gar keinen Fall sollten Sie den Helden spielen“, so Dr. Gunga.

Kontakt

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