Die Zahnärztekammer erreicht wichtigen Erfolg gegen die berufsrechtswidrigen Geschäfte von Dr Smile.
Eine Klinik ohne Patienten – seit 2019 diente die DZK Düsseldorfer Zahnklinik als Legitimationsgrundlage für das Aligner-Unternehmen Dr Smile, ohne dass es dort jemals nach Wissen der Zahnärztekammer Nordrhein einen Klinikbetrieb gegeben hatte. Nach mehrjährigem Engagement der Zahnärztekammer Nordrhein hat das nun auch das Düsseldorfer Ordnungsamt erkannt und der Klinik keine weitere Konzession gegeben. Ein Durchbruch im Kampf gegen ein berufsrechtswidriges Konstrukt.
Ein Kliniksterben ist in der Regel für Patienten keine gute Nachricht. In diesem Fall sieht es jedoch etwas anders aus, zumal es sich bei der Deutschen Zahnklinik nie um eine Klink gehandelt hatte und dort nie ein Patient stationär behandelt wurde.
Die Rede ist von der DZK Deutsche Zahnklinik. Hinter diesem Namen mit Sitz in Nachbarschaft der prestigeträchtigen Düsseldorfer Königsallee verbarg sich eine Art Briefkastenfirma. Denn nach Kenntnissen der Zahnärztekammer Nordrhein wurde dort nie ein Patient stationär behandelt. Vielmehr diente die Institution für die Urban Technology GmbH, die hinter der Marke Dr Smile steckt, und für die DZK Deutsche Zahnklinik GmbH über Jahre hinweg als vermeintliche Legitimationsgrundlage für den in den Augen der Zahnärztekammer Nordrhein berufsrechtswidrigen Geschäftsbetrieb.
Im Dezember 2019 hatte die Stadt Düsseldorf eine Konzession zum Betrieb der Privatkrankenanstalt „DZK Deutsche Zahnklinik“ erteilt. Seitdem verwiesen Behandlungspläne, Kooperationsverträge und auch Anstellungsverträge von Dr Smile direkt oder indirekt auf die angebliche Zahnklinik in Düsseldorf. Auch bei Kritik an den Geschäften des Unternehmens – beispielsweise durch die Kammer – wurde immer wieder auf die Klinik verwiesen, um dadurch die Vorwürfe zu entkräften.
Nach Kenntnissen der Zahnärztekammer Nordrhein hat in der Zahnklinik jedoch zu keinem Zeitpunkt ein Klinikbetrieb stattgefunden. Ohnehin basierte die Konzession damals auf einer fragwürdigen Begründung, die das angebliche Erfordernis einer stationären Behandlung für eine Alignerbehandlung verargumentierte. „Wenn eine Behandlung mit Alignern angeblich einen stationären Aufenthalt erfordert, dann möchte ich nicht wissen, welche Folge das Legen einer Füllung hätte, eine intensivstationäre Behandlung?“, sagt Kammerpräsident Dr. Ralf Hausweiler, „diese Argumentation entbehrt jeder zahnmedizinischen Grundlage.“
Seit Jahren hat die Zahnärztekammer Nordrhein Politik, Behörden und auch die Öffentlichkeit auf diesen Missstand aufmerksam gemacht. Darüber hinaus wurden der Stadt Düsseldorf Rechtsgutachten zur Verfügung gestellt, um zu verdeutlichen, dass die Klinikkonzession zu Unrecht erteilt wurde.
Nun hat das Düsseldorfer Ordnungsamt endlich reagiert und am 30. Oktober 2024 festgestellt, dass die Konzession erloschen ist. Entsprechend der Gewerbeordnung erlischt eine Klinikkonzession, wenn innerhalb von zwölf Monaten kein Patient stationär behandelt wurde. Nach Auffassung der Zahnärztekammer Nordrhein ist die – von Beginn an zu Unrecht erhaltene – Konzession entsprechend im Dezember 2020 wieder erloschen.
Für die Zahnärztekammer Nordrhein ist das ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen Aligner-Anbieter. Seit Jahren geht die Kammer gegen die berufsrechtswidrigen Angebote diverser Gewerbeanbieter vor. Denn bei Fernbehandlungen werden regelmäßig medizinische Standards unterschritten, sei es beispielsweise durch Fortschrittskontrollen via Smartphone-Selfies oder gar das Anfertigen von Zahnabdrücken durch die Patienten selbst. „Zahnheilkunde gehört ausschließlich in die Hände approbierter Zahnärztinnen und Zahnärzte. Ein wackeliges Smartphonebild kann und darf nicht Grundlage für eine zahnmedizinische Behandlung sein“, sagt Kammerpräsident Dr. Hausweiler, „deshalb müssen wir unsere Patientinnen und Patienten vor diesen Machenschaften schützen.“
Mehrere Male hatte die Kammer in der Vergangenheit ihre Mitglieder vor einer Kooperation mit diesen Unternehmen gewarnt. Dr Smile hatte in diesen Fällen immer wieder auf die Zahnklinik verwiesen und damit begründet, dass die eigenen Geschäfte legitim seien. Dieses – aus Sicht der Kammer von Beginn an fehlerhafte – Argument fällt nun weg.
In Hinblick auf den Schutz der Patientinnen und Patienten ist der Entzug der Konzession ebenfalls ein Meilenstein, da das Bestehen der Klinik und insbesondere deren Erwähnung in Behandlungsplänen den falschen Eindruck erweckte, eine Klinik sei in die Behandlung eingebunden, was wiederum für Außenstehende das Angebot seriöser erscheinen ließ.
Auch international hat der Wegfall der Konzession Auswirkungen. In Österreich führt die Österreichische Zahnärztekammer einen Prozess gegen Dr Smile, der inzwischen vor dem EuGH gelandet ist. Auch dort wurde die Deutsche Zahnklinik von Dr Smile als Argument vorgetragen. Das Urteil in diesem Fall wird im Spätsommer/Herbst erwartet.
Hinzu kommt, dass Dr Smile in den vergangenen Monaten vermehrt in der Kritik stand. In Medienberichten wurden Patienten zitiert, die Probleme hatten, den Kundenservice des Anbieters zu erreichen. Bei der Zahnärztekammer Nordrhein und in den Medien gab es entsprechende Beschwerden – zusätzlich zu diversen Beschwerden aus der Vergangenheit hinsichtlich vermuteter Behandlungsfehler.
Auf Initiative der Zahnärztekammer Nordrhein sowie der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe in Absprache mit den übrigen Heilberufskammern haben das NRW-Wirtschafs- und NRW-Gesundheitsministerium nun angekündigt, mit einem Erlass die Gewerbeordnung in Hinblick auf die Gründung von Privatklinikanstalten zu spezifizieren, damit für medizinische Leistungen, die keiner stationären Aufnahme bedürfen, keine Klinikkonzessionen mehr bewilligt werden dürfen und sich ein Vorfall wie dieser nicht wiederholen kann. „Diese unglaubliche Absurdität mitten in Düsseldorf, mitten in Deutschland, mitten in Europa wird hoffentlich jetzt endlich Vergangenheit sein“, so Dr. Hausweiler.
Autor: Daniel Schrader