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Fachkräftemangel: Wie Personalgewinnung gelingen kann

Der Fachkräftemangel macht auch vor Zahnarztpraxen nicht Halt: Im aktuellen Stimmungsbild in der Zahnärzteschaft (Erhebung 2024) geben 95,2 Prozent der Befragten an, dass es zunehmend schwierig sei, geeignetes Praxispersonal auf dem Arbeitsmarkt zu finden.


„Keine Denkverbote“, forderte daher der Präsident der Zahnärztekammer Nordrhein, Dr. Ralf Hausweiler, bei der Veranstaltung „Make it simple 2.0: Personalgewinnung – Hilfe aus der Kammer für die Praxis“, die an zwei Terminen im September online und in Präsenz in Neuss stattfand. „Wir müssen neue Wege in der Fachkräftegewinnung gehen!“

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. prognostiziert für die kommenden Jahre eine immer größere Diskrepanz zwischen dem Bedarf an (zahn-)medizinischem Fachpersonal und dem Angebot auf dem Arbeitsmarkt – bis hin zu knapp 30.000 unbesetzten Stellen im Jahr 2040. Der Wettbewerb um Auszubildende und junge Arbeitnehmer erlangt eine strategische Bedeutung und wird zum „war for talents“ (zu dt. „Krieg um Talente“).

„Wenn ich vor zehn, fünfzehn Jahren nach einer ZFA für meine Praxis gesucht habe, dann hat es gereicht, in der Regionalzeitung eine Anzeige zu schalten. Danach konnte ich aus der Vielzahl der Bewerbungen die vielversprechendsten Bewerber zum Gespräch einladen. So was gibt es heute fast nirgendwo mehr“, berichtet auch Vizepräsident Dr. Heil. Die mehrere hundert Teilnehmenden konnten dies aus eigener Erfahrung nur bestätigen.

Im Fokus der Veranstaltung standen die verschiedenen Angebote und Aktivitäten der Zahnärztekammer Nordrhein zur Fachkräftegewinnung und -sicherung. Dabei betonten beide Redner, dass es kein Allheilmittel gebe, um neues Personal für die eigene Praxis zu gewinnen. Vielmehr seien es viele Puzzlestücke, die zusammen langfristig zum Erfolg führen können.

 

Ausbildung

Die Ausbildung junger Menschen ist und bleibt das Kernstück der Personalgewinnung. Die Zahnärztekammer Nordrhein ist bereits seit 2017 mit einer Kampagne aktiv, die zum Ziel hat,  Schulabgänger für den Ausbildungsberuf ZFA zu begeistern und die Attraktivität des Berufs und die vielfältigen Arbeitsbereiche und Weiterbildungsmöglichkeiten hervorzuheben. Seit 2024
läuft diese Kampagne unter Federführung von Nordrhein bundesweit. Die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge konnte seit Kampagnenbeginn um durchschnittlich 25 Prozent gesteigert werden.

Der Ausbildungsberuf hat jedoch leider weiterhin einen eher schlechten Ruf unter jungen Menschen: Im DGB-Ausbildungsreport 2024 liegt die/der ZFA wieder bei den Berufen mit den schlechtesten Bewertungen. Ausbilderinnen und Ausbilder leisten einen enorm wertvollen Beitrag mit viel Verantwortung: Die Qualität der Ausbildung und der erfolgreiche Abschluss der  Auszubildenden hängt maßgeblich auch von ihrer Betreuung ab. Dabei bewegen sie sich in einem Spannungsfeld zwischen betrieblichen Anforderungen und Bedarfen der Auszubildenden nach enger Betreuung.

Die Zahnärztekammer startet daher ab 2025 ein Unterstützungsangebot für Ausbilder, das Hilfe und Unterstützung für Ausbildende bieten soll und unter anderem Kenntnisse in der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten, verschiedene Lerntypen und arbeitspädagogische Herangehensweisen thematisiert.

Darüber hinaus engagiert sich die Kammer auch in der Ansprache von bislang nicht im Fokus stehenden Zielgruppen. So führte ein Informationstag für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Zusammenarbeit mit Arbeitsagentur, Jobcenter, Stadt Aachen und weiteren Partnern Anfang 2024 mit 140 Teilnehmenden zu einem konkreten Interesse von etwa 60 Personen an Ausbildungs- und Praktikumsplätzen. Für die bundesweite Seite zum Boys’ Day wurden die Inhalte zum Ausbildungsberuf ZFA ausgestaltet und Material der Ausbildungskampagne verwendet. Am Boys’ Day lernen Jungen Berufe oder Studienfächer kennen, in denen der Männeranteil unter 40 Prozent liegt, zum Beispiel im Bereich Gesundheit und Pflege.

 

Andere Wege in den Beruf

Eine Alternative zur klassischen Berufsausbildung kann der Lehrgang „Fachkraft für die Aufbereitung zahnmedizinischer Instrumente“ sein. Zu den Aufgaben der Absolventinnen und Absolventen gehören die Aufbereitung von zahnmedizinischen Instrumenten, die Vor- und Nachbereitung des Behandlungszimmers und die Umsetzung des Qualitätsmanagements. Bislang in Düsseldorf und im Kreis Leverkusen angeboten, soll das Projekt langfristig auf ganz Nordrhein ausgeweitet werden. Wer Verstärkung am Behandlungsstuhl sucht, für den können Quereinsteiger eine hervorragende Ergänzung für das Praxisteam sein. „Quereinsteiger bringen oft wertvolle Erfahrungen aus anderen Branchen mit und sind hochmotiviert, sich neuen Herausforderungen zu
stellen“, so Dr. Heil.

Die Zahnärztekammer bereitet mit dem „Seminar für Quereinsteiger – die Assistenz am Behandlungsstuhl“ (in Kooperation mit der Akademie für Quereinsteiger) zahnärztliches Hilfspersonal ohne abgeschlossene zahnmedizinische Ausbildung und Branchenfremde am KHI gezielt auf die alltäglichen Arbeiten in der Zahnarztpraxis vor. Kurstermine sind auf www.khi-direkt.de eingestellt und mit dem Suchwort „Quereinsteiger“ einfach zu finden.

 

Migration

Oftmals lohnt sich auch der Blick über den Tellerrand beziehungsweise die Landesgrenzen. So können Auszubildende auch aus dem Ausland rekrutiert werden. „Migration ist schon lange Fakt in unserem Beruf und im Ausbildungsberuf ZFA“, so Dr. Hausweiler. So hat sich der Anteil der Auszubildenden mit Migrationshintergrund in Nordrhein in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Die Prognosen für den Arbeitsmarkt sehen ohne die Migration von Fachkräften düster aus.

Die Zahnärztekammer steht im Austausch mit Experten zum Recruiting qualifizierter Bewerberinnen und Bewerber aus dem Ausland und Vermittlung in offene Ausbildungsstellen in Deutschland. Diese Vermittlungsservices sind für die ausbildenden  Praxen kostenfrei und werden unter anderem über staatliche Mittel finanziert. Derek Douglas, Gründer von Azubiwerk Recruiting, berichtete per Live-Schaltung aus Vietnam von den positiven Erfahrungen bei der Vermittlung von jungen Vietnamesen, die sich mit einer  Ausbildung in Deutschland ein Leben aufbauen möchten. Auch Oliver Widmann und Tuan Ngyuen von der Viet Agentur aus Hamburg betonten, diesmal in Präsenz, wie motiviert und qualifiziert die Bewerber aus Vietnam seien und wie zufrieden die Praxen mit den eingestellten Auszubildenden.

Erfahrungen von Zahnärztinnen und Zahnärzten, die als Reaktion auf Stellenanzeigen auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit vor allem qualifizierte Bewerbungen aus dem Ausland bekamen, zeigen, dass für viele sprachlich qualifizierte und medizinisch interessierte junge Menschen eine Ausbildung und Arbeit in Deutschland eine wertvolle Zukunftschance sein kann.

 

Digitalisierung in der Praxis

Ein weiteres Puzzlestück in der Fachkräftegewinnung und -sicherung ist das Freilegen von personellen Ressourcen in der eigenen Praxis durch den geschickten Einsatz von digitaler Technik, zum Beispiel KI-gestützte digitale Telefonassistenten, die in der Patientenkommunikation eingesetzt werden können. Die Zahnärztekammer plant hierzu für das 2. Halbjahr 2025 ein Curriculum digitale Zahnmedizin, das den Teilnehmenden das Wissen zur Beurteilung der Auswahl und des Einsatzes digitaler Hilfsmittel in der täglichen Praxis vermitteln soll. Bereits im Einsatz sind der digitale Ausbildungsvertrag und das digitales Berichtheft für Auszubildende in Nordrhein. Ersterer verhindert durch eine strukturierte Abfrage fehlerhafte oder unvollständige Angaben und zeitintensive Korrekturen der eingereichten Ausbildungsverträge in der Verwaltung und der Praxis. Das digitale Berichtsheft vereinfacht die Übersicht über die zu vermittelnden  Ausbildungsinhalte und durch eine eingebaute Chat-Funktion die zeitunabhängige Kommunikation zwischen den Auszubildenden und den Ausbildern bei Fragen und Problemen.

 

Zahnärztekammer unterstützt Praxen

An der regen Diskussion der insgesamt rund 830 Teilnehmenden (130 in Präsenz und 700 online) beider Veranstaltungen wurde deutlich, wie sehr das Thema die nordrheinischen Zahnärztinnen und Zahnärzten beschäftigt und wohl auch weiter beschäftigen wird. „Die Fachkräftegewinnung bleibt für uns ein wichtiges Thema, bei dem wir in alle Richtungen weiterdenken“, fasst Dr.  Hausweiler am Ende der Veranstaltung zusammen. „Unsere Aufgabe ist es, Sie dabei zu unterstützen, Personal für Ihre Praxen zu finden und zu halten“, fügte Dr. Heil hinzu, „und wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst.“

Kontakt

Ausbildung ZFA

02131 / 53119 204

ausbildung@zaek-nr.de