Die kommende Bundestagswahl wird auch eine gesundheitspolitische Richtungsentscheidung. Doch wie sehen die Pläne der Parteien im Detail aus? Wir haben nachgeschaut.
Die Gesundheitspolitik steht vor immensen Herausforderungen. Der demographische Wandel schlägt doppelt zu: Die Anzahl der älteren, multimorbiden Patientinnen und Patienten mit erhöhtem medizinischen Behandlungsbedarf steigt, gleichzeitig sinkt durch die Überalterung der Gesellschaft die Anzahl der praktizierenden (Zahn-) Ärztinnen und -ärzte.
Durch den medizinisch-technischen Fortschritt können viele Erkrankungen heute besser behandelt oder sogar geheilt werden, die Lebenserwartung der Patienten wurde dadurch gesteigert. Effektivität und Effizienz der Gesundheitsversorgung sind durch die Innovationen jedoch nicht gleichermaßen gestiegen, die Ausgaben hingegen überproportional. Somit haben wir in Deutschland im internationalen Vergleich zwar ein gutes Gesundheitssystem, jedoch werden mit überdurchschnittlichen Ausgaben nur durchschnittliche Lebenserwartungen erzielt.
Dabei lagen die gesamtgesellschaftlichen Ausgaben für Gesundheit und Pflege im Jahr 2023 bei über 494 Milliarden Euro und waren damit höher als der Bundeshaushalt. Die Rücklagen der Krankenkassen und die Reserven des Gesundheitsfonds sind aufgebraucht, der Beitragssatz ist in Folge zu Jahresbeginn auf 16,2 Prozent und die Sozialausgaben damit auf über 42 Prozent gestiegen. Bis zum Jahr 2050 wird einer Erhöhung der Sozialausgaben auf über 50 Prozent gerechnet.
Gleichzeitig beklagen (Zahn-)Medizinerinnen und Mediziner sowie alle im Gesundheitswesen Tätige die stetig steigenden Anforderungen durch realitätsferne und sinnfreie Vorschriften und Dokumentation sowie allgemein einen Anstieg der Bürokratie bei einem sich parallel dramatisch zuspitzendem Fachkräftemangel.
Wenn wir uns die Reichweite und den Umfang dieser Herausforderungen vor Augen führen, ist zu erwarten, dass die Wahlprogramme im Bereich der Gesundheitspolitik weitreiche Reformen, wenn nicht gar ganz neue Wege ankündigen.
Wir haben uns die Bereiche Zukunft der Gesundheitsversorgung auch vor dem Hintergrund einer zukünftigen Finanzierung, Bürokratieabbau, Freiberuflichkeit, Fachkräftesicherung und Stellenwert der Prävention in den Wahlprogrammen der Parteien angeschaut, die aktuell im Bundestag vertreten sind oder Aussicht haben, dem nächsten Bundestag anzugehören. Wir empfehlen zusätzlich vor der Wahl nochmals einen Blick in die jeweiligen Wahlprogramme zu werfen.
Darüber hinaus empfehlen wir Ihnen den Forderungskatalog von BZÄK und den Forderungskatalog der KZBV mit weiteren relevanten Informationen zur Bundestagswahl 2025.
Die SPD will in der Gesundheitspolitik ihren „erfolgreichen Kurs fortführen“ und stellt einleitend klar, dass eine „gute und sichere gesundheitliche Versorgung (…) die Menschen finanziell nicht überlasten darf“ (S. 25). Bei der Finanzierung setzt sie auf eine solidarische Bürgerversicherung. Die PKV soll nicht abgeschafft werden, sondern bildet mit der gesetzlichen Krankenversicherung ein solidarisches System, indem die private Krankenversicherung zum Risikostrukturausgleich beitragen soll. Ein solidarisch finanziertes Beitragssystem soll die Sorge vor finanziellen Belastungen nehmen, Beiträge sollen sich noch stärker an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientieren, versicherungsfremde Aufgaben aus Steuermitteln finanziert werden.
In dem Abschnitt zur Gesundheitspolitik tauchen die Begriffe „Bürokratie“ und „Bürokratieabbau“ nicht auf. Im Abschnitt zur Wirtschaftspolitik heißt es jedoch: „Neue Gesetze müssen einem Praxischeck unterzogen werden“ (S.7). Dem hohen Dokumentationsaufwand will die SPD durch den Ausbau der KI-gestützten Dokumentation begegnen. Für die aus der Dokumentation resultierenden Belastungen für das Gesundheitspersonal sieht das Wahlprogramm mehr Freizeitausgleich beispielsweise durch eine verkürzte Wochenarbeitszeit vor (S. 28).
Der Begriff der „Freiberuflichkeit“ taucht im Wahlprogramm der SPD gar nicht auf. Alle Erwerbstätigen, somit auch Selbstständige, sollen in Zukunft in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Für Selbstständige soll zudem ein Konzept für den Mutterschutz erarbeitet werden. In der ambulanten Versorgung setzt die SPD u.a. auf die Entbudgetierung der Hausärzte sowie eine Erleichterung zur Gründung kommunaler MVZ. Das Versorgungssystem soll „nicht auf Gewinnorientierung, sondern auf Gemeinwohl und Nachhaltigkeit“ ausgerichtet sein.
Beim Fachkräftemangel will die SPD „Veränderungen zum Guten durchsetzen“ (S. 28). Ferner setzt sie auf den Ausbau der weltweiten Anwerbung und Integration von Fachkräften sowie eine vereinfachte Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen und Qualifikationen (S. 11).
„Prävention und Früherkennung stehen für uns im Mittelpunkt“, heißt es auf Seit 26 des Entwurfs. Auch an vielen anderen Stellen wird der Stellenwert der Prävention im Wahlprogramm betont.
Das CDU-Wahlprogramm trägt den Titel „Politikwechsel für Deutschland“. Einleitend im Abschnitt „Ja zu guter Gesundheit und Pflege“ benennt das Programm die Alterung der Gesellschaft, den Fachkräftemangel, den medizinisch-technischen Fortschritt und die anfallenden Kosten als große Herausforderung für die Gesellschaft (S. 67).
Das Programm bekennt sich zur Dualität von gesetzlicher und privater Krankenversicherung sowie zur solidarischen Beitragsfinanzierung, führt jedoch auch auf, dass es um Eigenverantwortung geht. Durch einen effizienteren Einsatz von Beitragsgeldern und einen stärkeren Wettbewerb der Kassen will die CDU die Finanzen in der GKV zukunftsfest aufstellen (S.68).
Alle Berufsgruppen sollen von Bürokratie entlastet werden: „Es gilt mehr Zeit für Behandlung zu schaffen“ (S. 68). Im Bereich der Wirtschaftspolitik ist ein kompletter Abschnitt dem Bürokratieabbau gewidmet. Die CDU will „unser Land vom Bürokratiewahnsinn heilen“, neue Gesetze, wenn möglich, mit einem Verfallsdatum versehen, den Nationalen Normenkontrollrat sowie die Zuständigkeit für Bürokratieabbau erneut im Bundeskanzleramt verorten sowie den Trend der EU-Bürokratie umkehren, da „wir Menschen grundsätzlich vertrauen“ (S. 14 f.).
Im Abschnitt zur Gesundheitspolitik bekennt sich das Programm zum Grundsatz der Freiberuflichkeit, ohne dies genauer auszuführen (S. 67). Die CDU setzt auf eine „positive gesellschaftliche Grundhaltung zum Unternehmertum und zur Selbstständigkeit“ (S. 26). Für Selbstständige, die nicht anderweitig abgesichert sind, soll eine verbindliche Altersvorsorge eingeführt werden (S. 33).
Der Fachkräftemangel wird im Bereich zur Gesundheitspolitik im Wahlprogramm als Herausforderung benannt. Weitere Ausführungen finden sich u.a. im Abschnitt „Ja, zu einer Agenda für die Fleißigen“. So soll das Problem durch eine Fachkräfteoffensive bekämpft und ausländische Fachkräfte gewonnen werden. Dabei setzt die CDU auf eine vereinfachte und beschleunigte Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen (S. 13).
Unter dem Slogan „Prävention in den Mittelpunkt stellen“, sieht die CDU große Chancen, um Volkskrankheiten zu verhindern. Neben einem verbesserten Präventionsangebot in allen Lebensbereichen, setzt die CDU auf eine Stärkung der Eigenverantwortung und der Gesundheitskompetenz (S. 68).
Unter der Überschrift „In jeder Lebenslage abgesichert“ leiten die Grünen ihren Abschnitt zur Gesundheitspolitik damit ein, dass wir Fachkräfte für eine Versorgung der älteren Menschen benötigen und damit gestiegene Kosten geschultert werden müssen, ohne dass die „Versicherten, zu große Lasten tragen“ (S. 40).
Die Grünen widmen der Finanzierung einen eigenen Abschnitt im Wahlprogramm. Sie setzen auf eine Bürgerversicherung. Dabei sollen „neben den gesetzlich Krankenversicherten auch die Privatversicherten in den solidarischen Finanzausgleich des Gesundheitssystems einbezogen werden“ (S. 41). Die Beitragsbemessung soll reformiert werden und beispielsweise Kapitaleinnahmen zur Finanzierung des Gesundheits- und Pflegesystems herangezogen werden. Dadurch sollen Löhne und Gehälter vor höheren Beitragsabgaben geschützt werden. Bei versicherungsfremden Leistungen wie Beiträge für Bürgergeldempfänger setzt die Grünen ebenfalls auf eine Finanzierung aus Steuermitteln. Damit das beitragsfinanzierte Geld in der Versorgung bleibt, gilt es den Einfluss von Finanzinvestoren auf die Gesundheitsversorgung zu begrenzen.
Vertragsärzte sollen von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Dabei setzen die Grünen auf Digitalisierung und künstliche Intelligenz. So heißt es: „Unnötige Bürokratie, die heutzutage digital effizienter laufen könnte, muss (…) abgebaut werden, auch durch den Einsatz von KI“ (S. 40). Während im Bereich der Pflege die Anforderungen durch Bürokratie und Dokumentationspflichten als Faktor für das Ausscheiden von Fachkräften aus dem Beruf gesehen werden, ist dies für andere Gesundheitsberufe nicht klar benannt (S. 41).
Ein Bekenntnis zur Freiberuflichkeit im Abschnitt der Gesundheitspolitik fehlt. Im Abschnitt „Für die Stärkung von Mittelstand und Handwerk“ benennen die Grünen Freiberufler und Selbstständige als „Motor unserer Wirtschaft“. Die Wochen um Geburt und Mutterschaftsgeld sollen finanziell abgesichert werden (S. 14).
Den Fachkräftemangel beschreibt das Programm als zentrale Herausforderung in der Gesundheitspolitik. In dem umfassenden Abschnitt zur Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft setzen die Grünen, um ausländische Fachkräfte zu gewinnen, u.a. auf eine Digitalisierung und damit Beschleunigung der Visavergabe, eine leichtere Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen sowie eine Entbürokratisierung bei der Anerkennung von Berufserfahrungen (S. 54f.).
Prävention und Gesundheitsförderung soll als Querschnittsaufgabe in allen Politikbereichen erfolgen.
Die FDP leitet den Abschnitt „beste Gesundheit und Pflege für die Zukunft sichern“, mit einem Bekenntnis zur Selbstverwaltung, einer Stärkung der Freien Berufe, dem Abbau unnötiger Bürokratie sowie einer weiteren Digitalisierung ein.
Die FDP bekennt sich zum dualen System aus GKV und PKV und lehnt eine „Einheitskasse, die sog. Bürgerversicherung“ ab. Die Wechsel- und Wahlfreiheit zwischen den Versicherungssystemen soll gestärkt werden. Die FDP setzt auf stabile Beiträge, dazu sollen die Ausgaben in Zukunft nicht stärker wachsen als die Einnahmen. Alle zusätzlichen Leistungsausweitungen der letzten zehr Jahre sollen einem „Evidenz-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitscheck“ unterzogen werden. „Leistungen, die sich nicht bewährt haben, sollen aus dem GKV-Leistungskatalog gestrichen werden“ (S. 32).
Unnötige Bürokratie in der Gesundheitspolitik soll abgebaut werden (S. 32). Im Abschnitt zur Pflege heißt es explizit, dass Pflegekräfte von unnötigen Nachweis- und Dokumentationspflichten sowie überbordenden Vorgaben befreit werden sollen. Für weitere Gesundheitsberufe ist dies nicht explizit aufgeführt. Gleichwohl widmet die FDP dem Bereich Bürokratieabbau unter der Überschrift „Bürokratie-Burnout beenden“ ein eigenes umfangreichen Kapitel. Dort heißt es, dass Bürger, Betriebe und Behörden aufgrund der vielen Berichtspflichten, Vorschriften und Formulare kaum noch zu den eigentlichen Aufgaben kommen. Die Freien Demokraten wollen unter anderen eine Bürokratiebremse im Grundgesetz verankern, unnötig komplexe Gesetze abschaffen und Gesetze häufiger mit einer Sunset-Klausel versehen. Neue Regelungen sollen während eines drei-jährigen Moratoriums für Bürokratie nur beschlossen werden, wenn vorher Regelungen im gleichen Umfang abgebaut worden sind. Angestrebt werden jährliche Bürokratieentlastungsgesetze, ebenso eine Reduzierung des Erfüllungsaufwandes für Betriebe um mindestens sechs Milliarden Euro pro Legislaturperiode (S. 11f.).
Die Freien Demokraten wollen die Freien Berufe stärken, diese müssen in „medizinischen Fragen autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können“ (S. 32).
Der Fachkräftemangel als explizites Problem der Gesundheitsversorgung wird im Wahlprogramm nicht benannt. Ein Fokus liegt auf der Gewinnung hochqualifizierter Arbeitskräfte, gleichwohl soll die Blue Card auch für weitere nicht akademische Fachkräfte geöffnet und unpraktikable Verdienstuntergrenzen abgeschafft werden (S. 26). Die Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegekräfte soll drastisch vereinfacht werden (S. 33f.).
Die FDP setzt auf eine „aktive Präventionsstrategie“, ohne dies genauer zu definieren. Bei dem Einsatz von Gesundheits-Apps, Telemedizin und Wearables sieht die FDP große Chancen. „Wer Vorsorge betreibt, verursacht weniger Ausgaben“ (S. 33). Krankenkassen sollen daher die Möglichkeit bekommen, einen verringerten Zusatzbeitrag zu erheben.
Die AFD widmet sich in ihrem Abschnitt zur Gesundheitspolitik den Themen ambulante und stationäre Versorgung, der Arzneimittelversorgung, Organspende, Geschlechtsidentität, Sterbehilfe, Cannabis, Impfpflicht, Heilpraktikern, Patientendaten und Telematik, Reform oder Austritt aus der WHO, Personal aus dem Ausland, der Aufbereitung von Corona sowie der Entbürokratisierung des Gesundheitswesens.
Die AFD sieht in der Finanzierung in versicherungsfremden Leistungen wie der Mitversicherung der Bürgergeldempfänger und der Finanzierung der Coronamaßnahmen aus der Pflegeversicherung das Finanzdefizit der Krankenkassen begründet. Durch das Beenden dieser „Zweckentfremdung“ sollen Leistungen erhöht oder Beiträge gesenkt werden (S. 25). Die versicherungsfremden Leistungen sollen aus Steuermitteln finanziert werden. Ferner setzt die AFD auf eine Zusammenführung von Kranken- und Pflegeversicherung sowie eine „Vereinfachung der enorm aufgesplitterten Selbstverwaltungsstrukturen“ (S. 26).
Unter der Überschrift „Entbürokratisierung des Gesundheitswesens“ widmet die AFD dem Bürokratieabbau einen eigenen Abschnitt. Die Bürokratie sei ein „übertriebenes Sicherheitsbedürfnis“ bei dem „Aufwand und Nutzen in keinem akzeptablen Verhältnis stehen“. Dabei sieht die AFD die Bürokratie als Misstrauen der Politik gegenüber den Leistungserbringern. Sie setzen auf „Deregulierung, Bürokratieabbau, Selbstverwaltung und Eigenverantwortung“ (S. 29).
Für die AFD soll die „freiberuflich geführte Inhaberpraxis weiterhin das Rückgrat der ambulanten Versorgung bilden“ (S. 26).
Der Personalmangel wird als Problem der Gesundheitsversorgung gesehen. Unter der Überschrift „Personal aus dem Ausland – nur nach deutschen Standards“ widmet die Partei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte einen eigenen Abschnitt. So soll medizinisches Fachpersonal uneingeschränkt die deutschen fachlichen und sprachlichen (Niveau C1) Qualifikationen mitbringen. Bei Studienplatzbewerbern sollen deutsche Staatsangehörige bevorzugt werden.
Das Wahlprogramm enthält keine Aussagen zur Gesundheitsprävention.
Das BSW setzt einleitend im Abschnitt zur Gesundheitspolitik den Fokus auf „Wohlbefinden, Menschenwürde und Autonomie“, die entgegen einem betriebswirtschaftlichem Ertragskalkül und Renditeorientierung stehen.
Das BSW setzt auf die „Abschaffung von Zusatzbeiträgen und die Einführung einer Bürgerversicherung, in der alle Bürger nach ihrem Einkommen einzahlen und grundsätzlich gleiche Leistungen auf dem Niveau der höchsten medizinischen Standards erhalten“ (S. 20). Zur Finanzierung des Gesundheitssystems sieht das Bündnis ferner die Notwendigkeit einer strengeren Regulierung der Arzneimittelpreise vor (S. 20). Ebenso lehnt es Profite von Klinikkonzernen und Finanzinvestoren ab. Durch den Wegfall der PKV sollen keine Einkommenseinbußen bei Ärzten und Zahnärzten entstehen. Notwendiger Zahnersatz soll vollständig in den Leistungskatalog aufgenommen werden.
Im Abschnitt zur Gesundheitspolitik macht das Wahlprogramm keine expliziten Aussagen zum notwendigen Bürokratieabbau. Unter der Überschrift Bürokratieabbau: Schlüssel für Wachstum und Innovation heißt es allgemein: „Wir werden uns vehement dafür einsetzen, unnötige Regeln, Auflagen und Prozesse abzubauen und Verfahren zu vereinfachen“ (S. 11).
Ein Bekenntnis zur freiberuflich geführten Praxis gibt es im Abschnitt zur Gesundheitspolitik nicht. Den Aufkauf von Arztpraxen und Pflegeheime durch Finanzinvestoren lehnt das BSW entschieden ab (S. 20).
Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen wird insbesondere im fehlenden Pflegepersonal gesehen. Das BSW lehnt das Anwerben ausländischer Fachkräfte, die sodann in den Heimatländern fehlen, ab. Das Bündnis setzt stattdessen in erste Linie darauf, junge Menschen in Deutschland zu qualifizieren (S. 17f.).
Durch Fehlanreize im Gesundheitssystem werden nicht gemäß des Bündnisses „lukrative Präventionsmaßnahmen“ (S. 20) immer weniger verordnet. Fehlende Prävention zugunsten einer „teuren Reparaturmedizin“ muss gemäß des BSW überwunden werden.
Unter der „Überschrift Gesundheit und Pflege: Solidarität statt Wettbewerb“ zeichnet die Linke einleitend ein düsteres Bild der aktuellen Gesundheitsversorgung in Deutschland. Gleichwohl könne diese zum Guten gewendet werden, wenn eine Ausrichtung nach sozialen und medizinischen Kriterien erfolge und mit der Profitorientierung gebrochen werde.
Zur Finanzierung setzt die Linke auf eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung, in die alle einbezahlen. Die Dualität aus GKV und PKV wird aufgehoben. Die Beitragsbemessungsgrenzen sollen wegfallen sowie Beiträge auch auf Einkommen aus Kapitalerträgen gezahlt werden. Damit könnten, so das Wahlprogramm der Linken, die Beiträge auf etwa 13,3 Prozent des Bruttolohns sinken (Zeilen 730 ff.). Ferner soll der Einfluss der Pharmakonzerne, die „Fantasiepreise“ festlegen, durchbrochen werden (Zeilen 814 ff.).
Das Wahlprogramm enthält nahezu keine Aussagen zum benötigten Bürokratieabbau. Lediglich bei einigen Verfahren, wie beispielsweise der Anerkennung von Studienabschlüssen ist angegeben, dass diese „unbürokratische“ erfolgen sollen (Zeile 2397 ff.).
Ein Bekenntnis zur freiberuflich geführten Praxis enthält das Wahlprogramm nicht. Gleichwohl sollen private Kapitalgesellschaften, die in Pflegeeinrichtungen und medizinische Versorgungszentren (MVZ) investieren, gestoppt werden (Zeile 806 ff.). Ferner setzt die Linke darauf, dass auch Freiberufler in ein „gerechtes Rentensystem“ einbezahlen (Zeile 610 ff.).
Den Fachkräftemangel sieht die Linke als allgegenwärtig und setzt insbesondere auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen wie flächendeckende Tarifverträge und Entlastungen sowie einen höheren Mindestlohn. Bei verbesserten Arbeitsbedingungen würde die Hälfte der Pflegekräfte in ihren Job zurückkehren (u.a. Zeilen 1135 ff.).
Im eigenen Abschnitt „Prävention und Beratung statt Strafverfolgung in der Drogenpolitik“ setzt die Linke auf Prävention im Bereich der Suchtpolitik durch Werbe- und Sponsoringverbote (Zeile 856 ff.).
Autorin: Anna Palm
Bild: Bundestag / Thomas Trutschel / photothek