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Piercings: Die Abrissbirne im Mund

Der Trend zum Piercing-Schmuck scheint ungebremst.


So schätzt man in Deutschland die Zahl derjenigen, die sich mehr als nur das Ohrläppchen durchstechen lassen, auf über zwei Millionen.

Kaum ein Körperteil bleibt verschont, so auch nicht die Mundhöhle: Kleine „Hantelstangen“ und Kugelringe durchbohren die Zungenspitze, Unterlippe und Mundschleimhautbändchen. Aber kaum ein Patient scheint die wahren Risiken zu kennen.

Erste Gefahren lauern schon beim Piercen selbst. Unsauberes Arbeiten im Piercing-Studio kann Infektionen z. B. mit Tetanus-, Gelbsucht- oder Aidserregern und auch eine komplette Blutvergiftung verursachen. Verschleppte Entzündungen können in manchen Fällen Herzmuskelentzündungen und Lebervereiterungen bewirken.

Das Durchstoßen der Zunge birgt ein besonderes Risiko. Fast immer verursacht dies eine Schwellung, die auch die Atmung beeinträchtigen kann. Eine 18-jährige Britin hat nach einem Zungen-Piercing zwei Liter Blut verloren und konnte nur noch im letzten Moment mit Bluttransfusion gerettet werden. In Mecklenburg-Vorpommern verlor eine junge Frau fast ihre Zunge wegen einer massiven Vereiterung – übel riechende Bakterien ließen die Zungenspitze fast verfaulen. In den USA verstarb eine junge Frau zehn Tage nach einem Zungen-Piercing an komplettem Organversagen. In einem anderen Fall wäre eine Patientin beinahe zu Tode gekommen, weil die aufgrund eines Unfalles notwendige Intubation durch den Notarzt wegen zahlreicher Piercings der Zunge fast nicht gelungen wäre.

 

Piercing gefährdet Zähne

Eine 39 Jahre alte Frau in einer walisischen Kleinstadt verstarb an einer Blutvergiftung, die nach Angaben eines Gerichtsmediziners auf mangelhafte Hygiene ihrer 118  Piercings zurückzuführen ist. Ein weiteres Problem sind die Stahllegierungen, die Chrom und Nickel enthalten. Sie werden zwar als Chirurgenstahl bezeichnet, halten aber der hohen chemischen Beanspruchung im Mund nicht stand. Die Schwermetalle lösen sich allmählich heraus, gelangen in den Körper und können allergische Reaktionen verursachen. Jedes fünfte Piercing ist Ursache von Entzündungen und Allergien.

Aber selbst wenn das Piercen an sich glimpflich verläuft, stellen die Metallgegenstände im Mund eine permanente Gefahr für die Zähne dar. Durch ein spielerisches Kauen und das ständige Klopfen mit dem Schmuckstück kann es zu verstärkter Abnutzung der Zähne und zu feinsten Rissen im Zahnschmelz kommen. Die eingeschränkte Zungenbewegung verhindert außerdem die natürliche Selbstreinigung der Zähne – Mundgeruch, Karies und Parodontitis sind die Folge und auch Veränderungen der Zahnstellung wurde beobachtet.

 

Ständige Reibung

Die häufigste Nebenwirkung aller im Mund befindlicher Piercings ist jedoch die sogenannte Rezession. Durch die ständige Reibung der Fremdkörper mit dem Zahnhalteapparat ziehen sich dort Zahnfleisch und zahntragender Knochen unwiderruflich zurück, sodass die Zähne optisch länger erscheinen. Eine aktuelle neuseeländische Studie fand dies bei allen Piercing-Arten im Mund in unterschiedlicher Häufigkeit, bei Lippen-Piercings sogar bei 80 Prozent aller Untersuchten.

Die Technische Universität München warnt zudem: Personen mit Gesichts-Piercing sollten nicht Ski fahren. Besonders bei Temperaturen unter 10°C kühlt das Metall das umliegende Gewebe unbedeckter Körperstellen soweit herunter, dass es zu Erfrierungen kommen kann.

Die Krankenkassen schätzen die durch Piercings entstehenden Kosten auf einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr.

Dr. med. dent. Jürgen Zitzen


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Kontakt

Patientenberatungsstelle

Patientenberatungsstelle der Zahnärztekammer Nordrhein

02131 / 53119 280

Telefon-Hotline für Patienten montags von 12.00 bis 15.00 Uhr und donnerstags von 09.00 bis 12.00 Uhr, an jedem 2. Mittwoch im Monat auch 15.00 bis 17.00 Uhr.