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Fluorid: Schutz für die Zähne

Fluoride schützen vor Karies. Der Fluoridzusatz in Zahnpasten ist besonders effektiv.


Das Salz des Fluors: Fluorid ist nicht gleich Fluor

Fluorid ist chemisch gesehen das Salz des Elementes Fluor. Mit Natrium vereint heißt es Natriumfluorid, mit Kalzium heißt es Kalziumfluorid (bekannt als „Schüsslersalz“) oder mit Stickstoff  und Wasserstoff  (Ammoniak, NH3) Aminfluorid. Der Körper benötigt Fluorid als wichtiges Spurenelement für die Bildung von Zahnschmelz, Knochenaufbau, Bändern und Bindegewebe. Auf natürlichem Wege nimmt der Körper Fluorid aus Nüssen, Meerestieren und Fleisch, aber auch aus Mineralwässern und naturbelassenem Trinkwasser auf.

 

Fluor ist giftig – Fluorid nicht?

Gasförmiges Fluor ist sehr giftig. Auch das Element Chlor ist sehr giftig – es wurde als Chemiewaffe im ersten Weltkrieg eingesetzt. Gemeinsam haben Fluor und Chlor, dass unser Körper das Salz dieser beiden Elemente als lebenswichtige Nahrungsbestandteile benötigt. Unser Kochsalz ist chemisch gesehen Natriumchlorid und niemand würde darauf verzichten, weil es Chlor enthält. Viele Vorbehalte gegen Fluorid entstehen schlichtweg wegen der Verwechslung zwischen Fluor und Fluorid. Eine weitere Gemeinsamkeit beider Salze: Die Dosis bestimmt die Wirksamkeit – zu viel oder zu wenig schadet.

 

Der Fluorideffekt:

Fluoride schützen vor Karies und unterstützen die Behandlung bei Heiß-, Kalt-, Süß- und Sauerempfindlichkeiten der Zähne. Die Wirkungsweise ist wissenschaftlich zweifelsfrei gesichert, funktioniert aber auf eine andere Art und Weise, als man es sich vor noch etwa dreißig Jahren vorgestellt hatte. Man dachte damals, man könne Zähne durch Flourideinlagerung dauerhaft härter und damit Säureangriff unabhängiger machen. Trinkwasser- und Tablettenfluoridierungen waren die Folge – ein Irrtum, wie man heute weiß.

Im Jahr 1990 konnte eine skandinavische Forschergruppe beweisen [1], dass die Menge des fest im Zahn eingelagerten Fluorids unabhängig vom individuellen Kariesrisiko ist. Sie untersuchten Haifischzähne, die 60mal mehr Fluoridanteil haben als ein menschlicher Zahn. Beide wurden in Zahnprothesen eingebaut. Zur Überraschung aller bekamen beide Zähne genauso schnell Karies.

Seit diesen Versuchen weiß man, dass nicht der gehärtete Zahn, sondern eine permanente Oberflächenreaktion in und auf der äußersten Zahnschmelzschicht für den vorsorgenden Effekt verantwortlich ist. Die Wirkung ist also nicht abhängig von der vorherigen Fluorideinlagerung im Zahn, sondern von der aktuellen Fluoridverfügbarkeit.

Unter Säurewirkung – und das geschieht regelmäßig nach Zuckervergärung der Mundbakterien – lösen sich äußere Kristalle aus dem Zahnschmelz. Der Körper kann das bedingt reparieren. Er arbeitet kleine Kalziumapatitkristalle in den Zahn ein, jedoch nur unter günstigen Säurebedingungen zwischen einem pH- Wert von etwa 7 bis 5. Ist die Säure stärker, weil die Zuckerzufuhr zu intensiv oder die Bakterien zu viele waren, versagt das natürliche Schutzsystem. Sinkt der Wert tiefer zwischen pH 5 und 4, kann zusätzlich Fluorid diese Reparatur verrichten. Sinkt der Säurewert noch weiter ab, z.B. bei total vernachlässigter Mundhygiene, kann weder Kalzium noch Fluorid vor Karies schützen, der Zahn ist dauerhaft gefährdet. Fluorid wirkt also besonders gut bei mitteleuropäischen Ernährungsgewohnheiten beim kleinen bis mittleren Säureangriff. Deshalb ist der Fluorideffekt bei sehr schlechter Mundhygiene gering. Fluorid kann nicht die Zahnpflege ersetzen, sondern schafft einen zusätzlichen Reparaturbereich bei kleinen bis mittleren Säureangriffen – es ist also quasi die „Versicherung“ bei kleinen Zahnsünden. Zahnpasten ohne Fluoridzusatz fehlt die Reparatureigenschaft im tieferen Säurebereich zwischen pH 4 und 5; sie bieten deshalb nur einen eingeschränkten Kariesschutz.

 

Fluorid künstlich zuführen – systemisch oder lokal

Man kann auf zwei Arten Fluoride zuführen: Systemisch oder lokal.

Bei der systemischen Fluoridierung wird dem gesamten Körper über die Nahrungskette Fluorid zur Verfügung gestellt. Diese beruht auf einer heute als überholt geltende wissenschaftliche Lehrmeinung, in der man glaubte, Zähne mit Fluoriden dauerhaft härten und schützen können. Außerdem hat diese Zufuhr Nebenwirkungen an den Zähnen: Fluorid wird oft ungleichmäßig in die Zahnstruktur eingearbeitet (Dentalfluorose). Dabei entwickeln sich hässliche Flecken auf den Zähnen, die nicht mehr zurückgehen.

Früher gab es einige wenige Länder, die Fluorid künstlich dem natürlichen Trinkwasser beigemengt haben (z.B. auch in der ehemaligen DDR), inzwischen sieht man weltweit davon ab.

Auch die Bedeutung der Tablettenfluoridierung ist rückläufig. Zahnärztliche Fachgesellschaften lehnen diese Art der Fluoridzufuhr wegen der geringen Wirksamkeit und der hohen Nebenwirkungsrate weitestgehend ab. Deutschland ist eines der ganz wenigen Ländern weltweit, in dem immer noch in den ersten Lebensjahren Fluoridtabletten verordnet werden, zumeist durch Kinderärzte. In der Schweiz zum Beispiel sind Tablettenfluoridierungen schon lange kein Thema mehr.

Außerdem fluoridiert die Tablette zum falschen Zeitpunkt und zu wenig an der Zahnoberfläche, weil die Mundverweildauer zu kurz ist. Manchmal wird als Vorteil herangeführt, dass mit der Tablettenfluoridierung Kariesrisikokinder ohne gute Mundhygiene ansonsten keinen Fluoridschutz hätten. Zahnärzte hingegen weisen diesen vermeintlichen Vorteil ab, weil Fluorid bei schlechter Mundhygiene fast keine nachweisbare Wirkung hat. Fluoridtabletten können wirken, wenn man sie langsam im Mund zergehen lässt – nicht aber über die Einlagerung im Zahn. Auch deshalb gilt gilt die zahnärztlichen Empfehlung: Keine Fluoridtabletten, wenn noch keine Zähne im Mund sind.

Die Speisesalzfluoridierung ist heute etabliert und gilt als Empfehlung. Im handelsüblichen Kochsalz ist deshalb neben Jodsalz auch Fluorsalz beigemengt. Der Vorteil: Wenn während einer Mahlzeit die Mundbakterien schon einen Säureangriff vorbereiten, erhöht sich gleichzeitig der Fluoridgehalt im Mund, um erste Reparaturmaßnahmen einzuleiten – ganz zur rechten Zeit. Somit hat Speisesalz, obwohl es in die Nahrungskette gerät, eine sinnvolle direkte Wirkung an der Zahnoberfläche. Mit Beginn der festen Kost sollte fluoridiertes Speisesalz lebenslang verwendet werden.

 

Lokale Fluoridierung

Zahnärzte bevorzugen die lokale Fluoridierung– also nur über die Zahnoberfläche direkt an den gewünschten Wirkungsort. Um effizient zu sein, sollte die lokale Fluoridierung ein Leben lang erfolgen. Art und Umfang sind abhängig vom individuellen und lebensaltertypischen Kariesrisiko.

(c) proDente

 

Fluorid in Zahncreme

Der Fluoridzusatz in Zahnpasten ist besonders effektiv. Die Weltgesundheitsorganisation hatte deshalb schon im letzten Jahrtausend empfohlen, die Fluoridmenge in Kinderzahnpasten von derzeit 250 ppm auf 500 ppm zu verdoppeln und gleichzeitig die Tablettenfluoridierung einzuschränken.

 

Mundspüllösungen

Die Anwendung von Mundspüllösungen ist wichtiger Bestandteil kariesprophylaktischer Maßnahmen. „Besonders gefragt sind hier Maßnahmen, mit denen sich die gesamte Bevölkerung erreichen lässt. Hierzu zählen fluoridhaltige Mundspüllösungen. Bei ein- bis zweimal täglicher Anwendung können fluoridhaltige Mundspüllösungen einen wesentlichen Beitrag zu Gesunderhaltung der Zähne leisten und im Durchschnitt 23 Prozent der Karies verhindern [2]. Je früher damit begonnen wird und je regelmäßiger die Spüllösungen verwendet werden, desto größer ist ihr Nutzen. Fluoridhaltige Mundspüllösungen haben meist noch einen Zusatznutzen: Sie enthalten in der Regel antimikrobielle Wirkstoffe, die gegen Zahnbeläge und Zahnfleischentzündungen helfen.“ (Prof. Dr.med.dent. Stefan Zimmer, Universität Witten/Herdecke). Jedoch gilt auch hier: Bei unzureichender Mundhygiene wirken fluoridhaltige Mundspüllösungen nur eingeschränkt.

 

Weitere Fluoridzusätze

Zur weiterreichenden Kariesvermeidung können in häuslicher Anwendung Zahngele mit hoher Fluoridkonzentration und in der gezielten Kariesvorsorge beim Zahnarzt fluoridhaltige Lacke und Gele sinnvoll sein.

Dr. med. dent. Jürgen Zitzen

Stand: April 2018

1.   [Ögaard, J Dent Res 69, 813 (1990); Ögaard et al., Scand J Dent Res 990, 372 (1991)]

2.   Marinho VC, Chong LY, Worthington HV, Walsh T. Fluoride mouthrinses for preventing dental caries in children and adolescents. Cochrane Database Syst Rev. 2016;7:CD002284. doi: 10.1002/14651858.CD002284.pub2. PubMed PMID: 27472005.

 

Aktuelle Empfehlungen in Abhängigkeit vom Lebensalter

Eine erhöhte Fluoridzufuhr während der Schwangerschaft hat keinen positiven Einfluss auf die Zähne des Kindes.

Erstes bis zweites Lebensjahr:

In Deutschland werden heute immer noch von Geburtskliniken und Kinderärzten Kombinationspräparate mit Fluorid und Vitamin D verordnet. Zahnärzte kritisieren dies und empfehlen, auf diese Kombination zu verzichten und auf die Vitamingabe zu reduzieren.

Anstatt dessen sollen die Michzähne einmal täglich vom ersten Tag an mit „reiskorngroßen“ Portionen fluoridierter Kinderzahncremegepflegt werden. Falls dennoch mit Tabletten fluoridiert werden sollte, sollte solange auf die Fluoridbeimengung in der Kinderzahncreme verzichtet werden, bis die Tabletten abgesetzt werden.

Drittes bis sechstes Lebensjahr:

Die Zähne sollten jetzt zweimal täglich mit fluoridierter Kinderzahncreme geputzt werden. Zusätzlich wird Fluorid in Gel- oder Lackform der Gruppenprophylaxe im Kindergarten sinnvoll eingesetzt.

Sechstes bis 18. Lebensjahr:

Ab dem sechsten Lebensjahr, mit dem Eintritt der ersten bleibenden Zähne in die Mundhöhle, sollte von der fluoridhaltigen Kinderzahncreme auf Erwachsenenzahncreme mit 1450 ppm umgestellt werden. Um den Umstieg zu erleichtern, können auch sogenannte Juniorzahncremes verwendet werden – Erwachsenenzahncreme mit ansprechendem Geschmack für Kinder (Fluoridgehalt zwischen 1000 und 1450 ppm). Zusätzlich sollte einmal in wöchentlich anstatt herkömmlicher Zahnpasta ein hoch konzentriertes Fluoridzahngel verwendet werden (Fluoridgehalt 12.500 ppm). In der Individualprophylaxe beim Zahnarzt wird ebenfalls Fluorid in Gel- oder Lackform zum Zahnschutz eingesetzt.

Junge Erwachsene:

Der Zahnarzt erstellt ein Kariesrisikoprofil. Anhand dessen empfiehlt sich meist weiterhin das Verwenden von fluoridierter Zahnpasta kombiniert mit einem wöchentliches Fluoridgel. Auch in der Professionellen Zahnreinigung (PZR) sollte Fluorid effektiv angewendet werden.

Erwachsene mit Parodontitiserfahrung:

Wenn Zähne „länger geworden“ sind, also Zahnhälse freiliegen, steigt auch die Kariesgefahr noch einmal an, weil die Zahnhälse keinen schützenden Zahnschmelzmantel haben. Ab dann sollte über fluoridhaltige Spüllösungen nachgedacht werden – immer in enger Absprache mit dem Zahnarzt.

Der ältere Patient:

Werden bei weiter zunehmendem Kariesrisiko zusätzliche Zahnhärtungen nötig, weil z.B. die Speichelbildung zurückgegangen ist oder nach Tumorbestrahlung, sollte über eine höhere Fluoridkonzentration in der Zahnpasta (bis zu 5000 ppm) nachgedacht werden. Hierbei ist immer der Zahnarzt zu Rate zu ziehen.


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Kontakt

Patientenberatungsstelle

Patientenberatungsstelle der Zahnärztekammer Nordrhein

02131 / 53119 280

Telefon-Hotline für Patienten montags von 12.00 bis 15.00 Uhr und donnerstags von 09.00 bis 12.00 Uhr, an jedem 2. Mittwoch im Monat auch 15.00 bis 17.00 Uhr.