Die Zahngesundheit in Deutschland hat sich in den vergangenen 30 Jahren enorm verbessert. Diese positive Entwicklung betrifft insbesondere Kinder im Grundschulalter, Jugendliche und junge Erwachsene. So kann alleine von 1997 bis heute bei Kindern ein Rückgang der Karies um rund 60 Prozent beobachtet werden. Zwölfjährige haben mittlerweile in 70 Prozent absolut gesunde Zähne.
Eine Erfolgsstory also, die auf die intensive Prophylaxe in der Zahnarztpraxis, in Kindergärten und Schulen sowie auf den Einsatz von Fluoriden in Zahnpasten zurückgeführt werden kann.
Häufigste chronische Kindererkrankung
Was uns Zahnärztinnen und Zahnärzten nach wie vor große Sorgen bereitet, ist aber die weiterhin relativ starke Verbreitung der „frühkindlichen Karies“ an den Milchzähnen. In einigen Regionen Deutschlands ist jedes fünfte Kind davon betroffen. Das Problem ist so groß, dass man hierfür sogar einen eigenen Krankheitsbegriff geprägt hat: „Early Childhood Caries“ (ECC). In einem Fachbeitrag heißt es: „Gegenwärtig gilt die frühkindliche Karies als häufigste chronische Erkrankung (fünfmal häufiger als Asthma, siebenmal häufiger als Heuschnupfen) im Vorschulalter und dominiert mit zum Teil massiver Gebisszerstörung des Gesamtkariesaufkommen bei Kleinkindern.“ Diese spezielle Zahnkrankheit ist dadurch gekennzeichnet, dass sie an den oberen Schneide- und Eckzähnen im Milchgebiss beginnt und dann von dort auf alle anderen Zähne übergreifen kann. Erste Anzeichen sind Zahnbelag (Plaque, Biofilm), Zahnfleischentzündungen und kreidig-weiße Veränderungen am Zahnschmelz dieser Milchzähne („White Spot“) – mit geübtem Blick leicht zu erkennen, wenn man die Oberlippe des Kindes mit dem Finger anhebt.
Risiko Nuckelflasche
Auch die Ursachen der frühkindlichen Karies sind durchaus bekannt: Übermäßiger Gebrauch der Nuckelflasche (insbesondere nachts) mit zucker- und säurehaltigen Getränken bei unzureichender Zahnreinigung. Suchen die Eltern mit ihrem Kind dann noch zu spät einen Zahnarzt auf, sind verheerende und nicht mehr reparable Zahnschäden im gesamten Gebiss vorprogrammiert – inklusive heftiger Schmerzen, eitriger Entzündungen und negativen Folgen auch für die bleibenden Zähne.
Spezielle Ratschläge zur Zahnpflege bei Kleinkindern
Damit Sie mit Ihrem Kind bei diesem Thema auf der sicheren Seite sind und Ihnen ein erfolgreicher Start in ein zahngesundes Leben gelingt, haben die Spezialisten für Kinderzahnheilkunde und präventive Zahnmedizin der Universität Greifswald die folgenden praktischen Tipps zur Verhinderung von Zahnkrankheiten im Kleinkindalter entwickelt (Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Anja Treuner und Herrn Prof. Dr. Christian H. Splieth / Universitätsklinikum Greifswald, Abteilung für Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde):
Elf einfache Tipps zur Babyzahnpflege – so bleiben die Zähne gesund
- Sobald Ihr Kind ein Jahr ist, lassen Sie es aus einer Tasse oder einem Becher trinken. Meist wird noch gekleckert – geben Sie Wasser, das macht keine klebrigen Flecken. Eine Trinklerntasse brauchen die meisten Kinder nicht. Wenn doch, dann nur einen Monat lang – dann weg damit!
- Verzichten Sie auf die Gabe von zuckerhaltigen Getränken (insbesondere gesüßte Tees, Instanttees, Obstsäfte oder verdünnte Fruchtsäfte) aus der Nuckelflasche. Die Säfte enthalten viel Fruchtzucker und –säure, auch wenn „ohne Zuckerzusatz“ auf der Verpackung steht und sind damit schlecht für die Zähne. Nehmen Sie stattdessen ungesüßten Tee oder Mineralwasser.
- Überlassen Sie Ihrem Kind die Nuckelflasche nicht zur „Selbstbedienung“. Das Trinken sollte zum Durstlöschen erfolgen und nicht als Nuckelersatz. Geben Sie Ihrem Kind die Nuckelflasche nicht zum Dauergebrauch oder in der Nacht.
- Schon der erste Milchzahn sollte gepflegt werden: Beginnen Sie mit einer kleinen, weichen Zahnbürste. Wichtig ist das elterliche Putzen. Abends bitte eine erbsengroße Menge Kinderzahnpasta mit Fluoriden auf die Bürste geben. Die Fluoridtabletten sind dann nicht nötig. Nach dem Zähneputzen gibt es dann auch nicht Süßes mehr zu trinken oder zu essen.
- Schauen Sie beim Zähneputzen immer wieder die Zähne Ihres Kindes genauer an. Schieben Sie die Oberlippe nach oben. Sind die Schneidezähne sauber oder ist Belag zu sehen? Achten Sie darauf, dass Sie beim Zähneputzen alle Zähne und alle Zahnflächen reinigen. Setzen Sie die Zahnbürste leicht schräg zum Zahnfleischsaum an und rütteln dann auf der Stelle.
- Putzen Sie die Zähne des Kindes im Schoß eines Elternteils oder auf dem Wickeltisch.
- Ab dem zweiten Geburtstag sollten die Zähne des Kindes morgens und abends mit fluoridhaltiger Kinderzahnpasta gereinigt werden.
- Verwenden Sie zum Kochen und Salzen Speisesalz mit der Aufschrift „Fluorid“, wenn in Ihrer Familie ein hohes Kariesrisiko vorliegt – fragen Sie Ihren Zahnarzt. Kleinkinder sollten nicht zu viele Fluoridpräparate zu sich nehmen – Ihr Zahnarzt berät Sie.
- Vermeiden Sie viele Zwischenmahlzeiten. Insgesamt reichen vier bis fünf Mahlzeiten am Tag.
- Zahnfreundliche Süßigkeiten sind ein wunderbarer Ersatz zu den „herkömmlichen“ und verursachen keine Karies (mehr Informationen: Aktion Zahnfreundlich e.V.).
- Zahnärztliche Vorsorge fängt schon bei den ganz Kleinen an. Vereinbaren Sie den ersten Zahnarzttermin, wenn Ihr Kind sechs Monate alt ist (mit Durchbrechen des ersten Zahns).
Weitere interessante und auch wissenschaftlich gesicherte Hinweise finden Sie auch bei folgenden Internetadressen:
- www.daj.de (Deutsche Arbeitsgemeinschaft zur Jugendzahnpflege)
- www.dgzmk.de (Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Button „Wissenschaft und Forschung“ / Leitlinien)
Dr. med. dent. Dirk Erdmann