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Behandlung von Patienten mit HIV, HBC oder HCV

Hier finden Sie Informationen zu Übertragungsrisiken, Hygienemaßnahmen und einer diskriminierungsfreien Behandlung von Patienten mit HIV, HBV oder HCV.


Der Bundesverband der Zahnmedizinstudenten in Deutschland (BdZM) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) weisen darauf hin, dass die meisten Sorgen vor einer eventuellen Übertragung von HIV (Humanes Immundefizienz-Virus), HBV (Hepatitis-B-Virus ) oder HCV (Hepatitis-C-Virus) im Praxisalltag unbegründet sind.

Beide Organisationen stellen für Zahnmediziner und das Praxisteam Informationsmaterial zur Verfügung, das die meistgestellten Fragen beantwortet: Einen Youtube-Film sowie eine Kurzbroschüre, die gemeinsam mit der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) realisiert wurden.

 

HIV: Kampf gegen Vorurteile und unbegründete Ängste

Die Zahnärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe haben eine Broschüre zur Behandlung von HIV-infizierten Patienten herausgegeben. Ziel ist es, über Infektionsrisiken zu informieren und gleichzeitig Stigmata abzubauen.

Auf der Patientenakte findet sich eine auffällige Markierung. In großen Buchstaben und in roter Farbe steht dort „HIV“ geschrieben – und ist nicht nur für das Behandlungsteam, sondern auch für den Patienten oder im schlimmsten Fall für Dritte erkennbar. Regelmäßig werden Dr. Volker Mertens von der Deutsche AIDS-Stiftung derartige Erfahrungen von HIV-infizierten Menschen berichtet. „Dahinter steckt meist ein Missverständnis der Kollegen, die glauben, dass die Behandlung von HIV-infizierte Patienten ein zusätzliches Hygienekonzept benötigt“, erzählt Dr. Mertens.

Doch das ist nicht notwendig. Deshalb haben die Zahnärztekammern Westfalen-Lippe und unter Einbeziehung der Deutschen AIDS-Stiftung eine aktuelle Broschüre zum Umgang mit HIV-infizierten Patienten erstellt, um über Infektionsrisiken und dem Umgang mit Patienten mit HIV zu informieren. „Mit den üblichen Hygienevorkehrungen kann HIV nicht übertragen werden“, erklärt Dr. Mertens.

So reicht beispielsweise die HIV-Menge im Speichel, Schweiß und Urin für eine Ansteckung mit dem Virus nicht aus. Kommt das Blut einer infizierten Person in Berührung mit intakter Haut, besteht ebenfalls keine Infektionsgefahr. Zudem ist durch moderne Therapiemöglichkeiten bei vielen HIV-infizierten Menschen die Viruslast stark verringert oder sogar nicht mehr nachweisbar, womit sich auch die ohnehin geringe Infektionsgefahr für das Behandlungsteam weiter minimiert beziehungsweise eine Infektion ausgeschlossen ist.

 

Postexpositionsprophylaxe kann in vielen Fällen Infektionen verhindern

Sollte es trotz der Hygienemaßnahmen eine Exposition mit dem Virus gegeben haben, zum Beispiel über eine offene Wunde, Schleimhäute oder Nadelstichverletzungen, besteht die Möglichkeit, durch eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) eine Infektion mit dem Virus mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verhindern. Dabei nimmt der Betroffene vier Wochen lang HIV-Medikamente ein, wodurch verhindert wird, dass sich das Virus im Körper festsetzt.

Voraussetzung für eine erfolgreiche PEP ist, dass idealerweise innerhalb von zwei Stunden nach der Exposition, ansonsten möglichst innerhalb von 24 Stunden, jedoch spätestens nach 48 Stunden mit einer PEP begonnen wird. Die Wirksamkeit der PEP ist sehr hoch. Weltweit sind nur vereinzelt Fälle bekannt, in denen die Behandlung eine Infektion nicht verhindern konnte. Die PEP wird jedoch nur von ausgewählten Kliniken angeboten, eine Übersicht der Anlaufstellen in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der gemeinsamen Broschüre sowie online auf der Seite der Aidshilfe.

Dass trotz des geringen Infektionsrisikos und einer effektiven Postexpositionsprophylaxe einige Mediziner und Praxismitarbeiter Vorbehalte im Umgang mit HIV-Patienten haben, liegt nach Meinung von Dr. Dr. Andrea Grandoch, Oberärztin an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Uniklinik Köln, an veralteten Vorurteilen zum Virus und der Krankheit Aids. „Sobald Menschen HIV hören, gehen viele in eine Abwehrhaltung“, berichtet sie, „und das spüren die Patienten.“

 

Patienten mit HIV erleben häufig Stigmatisierungen

Neben auffälligen Markierungen auf Patientenakten fühlen sich die Patienten auch durch andere Maßnahmen stigmatisiert, beispielsweise durch das Tragen doppelter Handschuhe oder die ausschließliche Vergabe von Terminen am Sprechstundenende, obwohl es dafür keine medizinische Notwendigkeit gibt. „Dabei wird den Betroffenen teilweise auch offen kommuniziert: ‚Durch Sie habe ich einen erhöhten Hygieneaufwand‘“, berichtet Dr. Mertens, „Patienten, die von ihrem Arzt jedoch wissen, dass ihre Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt, empfinden dieses Verhalten als absurd.“

Wie häufig HIV-Infizierte Stigmatisierungen im Gesundheitsbereich erleben, hat die Deutsche Aidsstiftung im Rahmen einer Studie ermittelt. Ein Drittel der Befragten gab an, eine auffällige Markierung der eigenen Patientenakte beobachtet zu haben, 21 Prozent berichteten von gesonderten Sprechstundenterminen. 26 Prozent der Teilnehmer bemerkten zudem eine Vermeidung von Körperkontakt vonseiten der behandelnden Personen. Bei rund zehn Prozent wurden sogar einzelne Gesundheitsleistungen verweigert.

 

Behandlungen werden aufgeschoben

Im schlimmsten Fall führen derartige Erfahrungen dazu, dass Besuche bei Ärzten und Zahnärzten gemieden und dringende Behandlungen verschoben werden. Und das wiederum hat Folgen für den Gesundheitszustand. So belegen beispielsweise zahlreiche Studien, dass im Fall einer unbehandelten Parodontitis das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für Infektionskrankheiten – unter anderem auch Covid-19 – deutlich steigt.

Für HIV-infizierte, deren Immunsystem durch die Infektion geschwächt ist, sind die Auswirkungen deutlich höher einzuschätzen. Deshalb sei es wichtig, für HIV-infizierte Patienten eine vertrauensvolle Behandlungsatmosphäre zu schaffen, berichtet Dr. Mertens: „Sie wollen genauso behandelt werden wie alle anderen Patienten auch.“

Weitere Informationen finden Sie auch auf der Webseite der Aidshlfe.

 

 

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