Faire Löhne für gute Arbeit: Kammerversammlung beschließt Vergütungsempfehlungen für ZFA
Die Empfehlungen berücksichtigen sowohl Berufserfahrung als auch Ausbildung von Zahnmedizinischen Fachangestellten.
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Die Auswirkungen des Fachkräftemangels machen sich in den Praxen immer stärker bemerkbar, vor allem auch weil viele Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) den Beruf verlassen. Um diesem Trend entgegenzuwirken und den Beruf attraktiver zu gestalten, hat die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein in ihrer Sitzung im November umfassende Vergütungsempfehlungen für ZFA beschlossen.
„Wir haben Empfehlungen erarbeitet, die Ausbildung und Berufserfahrung sowie ortsabhängige Unterschiede berücksichtigt“, erklärte Dr. Thomas Heil, Vizepräsident der Zahnärztekammer Nordrhein.
Die Empfehlung zur Vergütung von Mitarbeitenden in Zahnarztpraxen zur Förderung des Berufsbildes der ZFA – so der offizielle Name – bietet sowohl Zahnärzten als auch ZFA eine transparente Orientierungshilfe zu einer angemessenen Vergütung.
Einteilung in Tätigkeitsgruppen und Berufserfahrung
Bereits im Juni waren die Vergütungsempfehlungen Thema bei der Kammerversammlung; damals beauftragten die Delegierten den Vorstand der Zahnärztekammer Nordrhein, einen Vorschlag zur Umsetzung zu erarbeiten. Entstanden ist eine Tabelle, die Mitarbeitenden entsprechend ihrer Aus- und Fortbildung sowie ihrer Berufserfahrung eine monatliche Vergütungsempfehlung zuordnet.
Die Ausbildung zur ZFA zählt immer noch zu den zehn häufigsten Ausbildungen in Deutschland, bei Frauen rangiert sie sogar auf Platz drei. Die Vergütungsempfehlungen sind ein Baustein, um zu gewährleisten, dass dieses hohe Interesse bestehen bleibt, aber damit vor allem ausgelernte Fachkräfte den Praxen erhalten bleiben. „Eine faire Vergütung ist ein wesentlicher Faktor, um als attraktiver Beruf wahrgenommen zu werden“, sagte Dr. Thomas Heil bei der Kammerversammlung.
Übersicht der Tätigkeitsgruppen
Tätigkeitsgruppe | Beschreibung |
TG I | Ungelerntes Praxispersonal |
TG II | Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) nach erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung |
TG III (Zuschlag: + 7,5 % zur TG II) | ZFA mit z. B. durch die Zahnärztekammern anerkanntem/anerkannten Fortbildungsnachweis/en von vertiefenden und/oder speziellen Qualifizierungen im Umfang von insgesamt mindestens 200 Unterrichtsstunden, soweit eine arbeitsplatzbezogene Tätigkeit im Rahmen der erworbenen Kompetenzen gegeben ist. Die Absolvierung praxistestatpflichtiger Zeiten im Rahmen der jeweiligen Fortbildung/en ist auf die Fortbildungsdauer von 200 Unterrichtsstunden anzurechnen. |
TG IV (Zuschlag: + 17,5 % zur TG II) | Zahnmedizinische Prophylaxehelfer/in Prophylaxeassistent/in (ZMP) ZFA mit z. B. durch die Zahnärztekammern anerkanntem/anerkannten Fortbildungsnachweis/en von Qualifizierungen zur Erweiterung der beruflichen Handlungsfähigkeiten im Umfang von insgesamt mindestens 400 Unterrichtsstunden, soweit eine arbeitsplatzbezogene Tätigkeit im Rahmen der erworbenen Kompetenzen gegeben ist. Die Absolvierung praxistestatpflichtiger Zeiten im Rahmen der jeweiligen Fortbildung/en ist auf die Fortbildungsdauer von 400 Unterrichtsstunden anzurechnen. |
TG V (Zuschlag: + 25 % zur TG II) | Zahnmedizinische/r Fachassistent/in (ZMF), Zahnmedizinische/r Verwaltungsassistent/in (ZMV), Assistent/in für zahnärztliches Praxismanagement (AZP), Fachwirt/in für zahnärztliches Praxismanagement (FZP). ZFA mit z. B. durch die Zahnärztekammern anerkanntem/anerkannten Fortbildungsnachweis/en von Qualifizierungen zur Erweiterung der beruflichen Handlungsfähigkeiten im Umfang von insgesamt mindestens 600 Unterrichtsstunden, soweit eine arbeitsplatzbezogene Tätigkeit im Rahmen der erworbenen Kompetenzen gegeben ist. Die Absolvierung praxistestatpflichtiger Zeiten im Rahmen der jeweiligen Fortbildung/en ist auf die Fortbildungsdauer von 600 Unterrichtsstunden anzurechnen. |
TG VI (Zuschlag: + 30 % zur TG II) | Dental-Hygieniker/in (DH) und u. a. Betriebswirt/in im Gesundheitswesen, Betriebswirt/in für Management im Gesundheitswesen. ZFA mit z. B. durch die Zahnärztekammern anerkanntem/anerkannten Fortbildungsnachweis/en von Qualifizierungen zur Erweiterung der beruflichen Handlungsfähigkeiten im Umfang von insgesamt mindestens 900 Unterrichtsstunden, soweit eine arbeitsplatzbezogene Tätigkeit im Rahmen der erworbenen Kompetenzen gegeben ist. Die Absolvierung praxistestatpflichtiger Zeiten im Rahmen der jeweiligen Fortbildung/en ist auf die Fortbildungsdauer von 900 Unterrichtsstunden anzurechnen. |
Unterteilt wird die Tabelle zur Vergütung einerseits in sechs gehaltlich aufsteigende Tätigkeitsgruppen, angefangen bei ungelernten Arbeitskräften über ausgebildete ZFA bis hin zu fortgebildeten Mitarbeitenden wie Zahnmedizinische Prophylaxeassistenten/innen (ZMP), Fachwirten/innen für zahnärztliches Praxismanagement (FZP) und Dentalhygieniker/innen (DH). Andererseits wird von Berufsanfängern bis zu Mitarbeitenden mit mehr als 28-jähriger Tätigkeit zwischen zehn verschiedenen Stufen der Berufserfahrung unterschieden.
Entsprechend wird bei einer frisch ausgelernten ZFA ein Einstiegsgehalt von 2.300 Euro pro Monat empfohlen, während hingegen für eine DH mit 28 oder mehr Jahren an Berufserfahrung ein Monatsgehalt von 3.946 Euro zugeordnet wird. Die Empfehlungen zur monatlichen Vergütung beziehen sich auf eine 40-Stunden-Woche.
Vergütungsempfehlung für ZFA
Berufs-jahr(e) | Tätigkeits-gruppe I | Tätigkeits-gruppe II | Tätigkeits-gruppe III | Tätigkeits-gruppe IV | Tätigkeits-gruppe V | Tätigkeits-gruppe VI |
| Euro | Euro | Euro | Euro | Euro | Euro |
1. - 3. | 2.080,00 | 2.300,00 | 2.473,00 | 2.703,00 | 2.875,00 | 2.990,00 |
4. - 6. | 2.156,00 | 2.384,00 | 2.563,00 | 2.801,00 | 2.980,00 | 3.099,00 |
7. - 9. | 2.261,00 | 2.500,00 | 2.688,00 | 2.938,00 | 3.125,00 | 3.250,00 |
10. - 12. | 2.340,00 | 2.588,00 | 2.782,00 | 3.041,00 | 3.235,00 | 3.364,00 |
13. - 15. | 2.413,00 | 2.668,00 | 2.868,00 | 3.135,00 | 3.335,00 | 3.468,00 |
16. - 18. | 2.482,00 | 2.745,00 | 2.951,00 | 3.225,00 | 3.431,00 | 3.569,00 |
19. - 21. | 2.551,00 | 2.822,00 | 3.034,00 | 3.316,00 | 3.528,00 | 3.669,00 |
22. - 24. | 2.620,00 | 2.898,00 | 3.115,00 | 3.405,00 | 3.623,00 | 3.767,00 |
25. - 27. | 2.689,00 | 2.975,00 | 3.198,00 | 3.496,00 | 3.719,00 | 3.868,00 |
ab 28. | 2.743,00 | 3.035,00 | 3.263,00 | 3.566,00 | 3.794,00 | 3.946,00 |
Ortszuschläge für hohe Lebenshaltungskosten
Da sich Fixkosten wie beispielsweise Miethöhen in Nordrhein mitunter erheblich voneinander unterscheiden, soll es für Kreise und kreisfreie Städte mit hohen beziehungsweise sehr hohen Lebenshaltungskosten einen monatlichen Ortszuschlag geben.
Dieser basiert auf den Daten des Deutschlandatlas, der Nordrhein-Westfalen in vier Klassen anhand der durchschnittlichen Mietpreise unterteilt: 6,25 Euro, 7,75 Euro, 9,25 Euro und 10,75 Euro pro Quadratmeter mit einem Medianwert für gesamt NRW in Höhe von 7,75 Euro.
Anhand der statistischen Wohnfläche von 46 Quadratmetern ergeben sich dadurch im Median monatliche Mietkosten von 356,50 Euro (7,75 Euro pro Quadratmeter). Für die beiden Klassen über dem Median liegen die Mietkosten bei 425,50 Euro (9,25 Euro pro Quadratmeter) und 494,50 Euro (10,75 Euro pro Quadratmeter). Die jeweilige Differenz zur Medianmiete ergibt den monatlichen Ortszuschlag.
Somit wird für Kreise und kreisfreie Städte mit hohen Lebenshaltungskosten, dazu zählen der Rhein-Kreis-Neuss, die Stadt Leverkusen, der Rhein-Erft-Kreis, der Rheinisch-Bergische Kreis sowie der Rhein-Sieg-Kreis, ein Ortszuschlag von 69 Euro pro Monat empfohlen. Für die kreisfreien Städte mit sehr hohen Lebenshaltungskosten – Bonn, Düsseldorf und Köln – ergibt sich ein Ortszuschlag von 138 Euro pro Monat.
Weitere Gratifikationen oder leistungsbezogene Zulagen sind dagegen nicht Gegenstand der Vergütungsempfehlungen und können individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt werden. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass persönliches Engagement und Leistung eines Mitarbeitenden wesentliche Faktoren in der Gehaltsgestaltung sind.
Einstimmiger Beschluss der Kammerversammlung
In der Kammerversammlung wurden die Vergütungsempfehlungen als wichtiger Baustein zur Beseitigung des Fachkräftemangel positiv aufgenommen. In der Diskussion unter den Delegierten kam jedoch auch die Frage auf, ob nicht ein Vergütungskorridor anstelle genauer Werte besser sei, da sich gegebenenfalls nicht jede Praxis eine empfohlene Vergütung leisten könne.
Doch diese Zweifel konnten in der Diskussion ausgeräumt werden. „Wir brauchen endlich etwas, womit wir bei den Arbeitsämtern und Fachkräften punkten können“, verteidigte Dr. Thomas Heil die Vergütungsempfehlung. „In den nächsten Jahren wird das Personal unsere Hauptsorge sein“, sagte die Delegierte Christine Stramm. Ohne die helfenden Hände werde es bald an diesen in der Praxis fehlen.
Dem vom Vorstand vorgelegten Entwurf folgten alle Delegierten der Kammerversammlung und beschlossen die Vergütungsempfehlung einstimmig. „Ich danke Ihnen – auch im Namen unserer Mitarbeitenden“, sagte Dr. Heil.
Um Entwicklungen wie die Inflation zu berücksichtigen, sollen die Vergütungsempfehlungen in der Zukunft regelmäßig an die Bedürfnisse beider Seiten angepasst werden. „Wir müssen diese Vergütungsempfehlung regelmäßig fortentwickeln“, so Dr. Heil.
Empfehlung zur Ausbildungsvergütung wird ebenfalls erhöht
Die Zahnärztekammer Nordrhein erhöht ab dem 1. Januar 2023 auch die Empfehlung zur Vergütung von Auszubildenden. Das hatte der Vorstand der Zahnärztekammer Nordrhein bereits vor der Kammerversammlung einstimmig beschlossen.
In vielen Ausbildungsberufen, nicht nur in der Zahnmedizin, hat es in den zurückliegenden Jahren eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen gegeben. Dies geschah oft vor dem Hintergrund, dem sich dramatisch abzeichnenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, und vor allem, um Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Attraktivität eines dualen Ausbildungsberufes aufzuzeigen – auch in Hinblick auf den Trend zu Überakademisierung in der Gesellschaft.
Die bislang gültige Empfehlung lag unter dem Mittelwert aller Ausbildungsvergütungen dualer Ausbildungsberufe. Um in diesem Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben, war aus Sicht des Vorstands der Zahnärztekammer Nordrhein eine Anhebung notwendig.
Ab dem 1. Januar 2023 gilt folgende Vergütungsempfehlung für Auszubildende:
1. Lehrjahr 950 Euro (bislang 840 Euro)
2. Lehrjahr 1.000 Euro (bislang 920 Euro)
3. Lehrjahr 1.100 Euro (bislang 1.000 Euro)
„Um in naher Zukunft nicht allein am Stuhl zu behandeln, muss unser Motto sein: Ausbilden, Ausbilden, Ausbilden!“, so Dr. Thomas Heil, „wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass die Nachbarkollegin oder der Nachbarkollege das selbst benötigte Personal für uns ausbildet.“